Salat und Sonne ernten

Salat und Sonne ernten
Forscher wollen mit Agri-Photovoltaik gleichzeitig Nahrung und Energie erzeugen
Mit dem Anbau von Kartoffeln oder Klee unter einem Kollektor wollen Wissenschaftler landwirtschaftliche Flächen gleich doppelt nutzen. Damit könnten Ackerflächen auch in anderen Klimazonen effizienter genutzt werden. Doch es gibt noch Hürden.
12.03.2021
epd
Christine Süß-Demuth (epd)

Freiburg (epd). Am Boden wachsen Kartoffeln und Salat, darüber erzeugen Solarmodule Strom. Mit der Agri-Photovoltaik (Agri-PV) können Landwirte gleichzeitig Sonne und Gemüse ernten und so ihre Ackerflächen doppelt nutzen, erläutert Max Trommsdorff vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg: "Das reduziert die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen und trägt zu einer effizienteren Landnutzung bei."

Außerdem könne die Solar-Anlage Boden und Pflanzen vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden schützen und den Wasserverbrauch reduzieren. Die Forscher des größten Solarforschungsinstituts Europas sehen darin einen Vorteil für die Natur wie die Landwirtschaft, gerade auch in anderen Klimazonen.

Um über die noch junge Technologie zu informieren, haben die Wissenschaftler im Internet einen kostenlosen 56-seitigen Leitfaden auf Deutsch und Englisch veröffentlicht. Er soll Landwirten, Kommunen und Unternehmen praktische Hinweise zur Nutzung der Agri-Photovoltaik geben. Für den 14. bis 16. Juni ist zudem eine Internationale Konferenz "AgriVoltaics 2021" geplant.

Langfristig werde die Solarenergie zur wichtigsten Säule der Energieversorgung werden, ist Trommsdorff überzeugt. So würden nur vier Prozent der deutschen Ackerflächen ausreichen, um den gesamten aktuellen Strombedarf in Deutschland zu decken.

Die Kosten für Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen sinken nach Angaben der Forscher kontinuierlich. Schon heute sei der Preis mit sieben bis 12 Eurocent pro Kilowattstunden wettbewerbsfähig mit anderen erneuerbaren Energiequellen. Die Experten erwarten, dass solche Anlagen schon in etwa fünf bis acht Jahren auch ohne finanzielle Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wirtschaftlich werden.

Doch es gibt noch Hürden. Bisher ist eine duale Flächennutzung im gesetzlichen Regelwerk nicht vorgesehen. Daher haben die Landwirte dann keinen Anspruch mehr auf EU-Agrarsubventionen und erhalten auch keine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

In Deutschland steht seit 2016 eine Pilotanlage auf einem Biohof in Heggelbach (Kreis Ravensburg). Dort werden unter den Solarpanels Weizen, Kleegras, Kartoffeln und Sellerie angebaut. Sogar Erntemaschinen können unter der sechs Meter hohen Anlage fahren. Um zu sehen, wie sich die Verschattung auf den Ertrag von Nahrungsmitteln auswirkt, gibt es Vergleichsfelder ohne Aufbauten.

Die Landwirte Thomas Schmid und Florian Reyer von der Hofgemeinschaft Heggelbach betreiben die Forschungsanlage. Sie sehen darin einen "konkreten und praktischen Beitrag zur Energiewende". Um die Anlage allerdings langfristig erfolgreich zu betreiben zu können, müssten sich die Voraussetzungen in Deutschland völlig ändern. Sie fordern entsprechende Rahmenbedingungen, wie etwa eine Anschubförderung, Anspruch auf Agrarsubventionen und eine Einspeisevergütung.

Auch in ländlichen Regionen Westafrikas werden solche Anlagen erprobt. In dem Projekt "APV-MaGa" in Mali und Gambia wird sogar eine dreifache Landnutzung untersucht. Neben dem Anbau von Nahrungsmitteln und der Produktion von Solarstrom soll außerdem über die installierten Solarmodule Regenwasser gewonnen und gespeichert werden.