Caritas-Präsident räumt Schaden durch Veto zu Altenpflege-Tarif ein

Caritas-Präsident räumt Schaden durch Veto zu Altenpflege-Tarif ein

Berlin (epd). In außergewöhnlicher Deutlichkeit hat der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, eingeräumt, dass dem katholischen Verband durch die Ablehnung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für die Altenpflege Schaden entstanden ist. Neher erklärte am Freitag in Berlin, die Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission (AKR) "schadet der Glaubwürdigkeit der Caritas und sie kommt zu Unzeiten für die katholische Kirche". Der Beschluss verhindere "erstmal eine höhere Entlohnung von vielen Pflegekräften außerhalb der Caritas und das mitten in einer Pandemie, die diesen Menschen unheimlich viel abverlangt".

Er hätte sich eine andere Entscheidung gewünscht, erklärte Neher, betonte aber zugleich, dass die mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern des Verbandes paritätisch besetzte Kommission in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig und dies zu respektieren sei. Neher reagierte damit auf eine Stellungnahme von katholischen Sozialethikern und Theologen vom Donnerstag, die den Beschluss der Caritas-ARK kritisiert hatten und sie auffordern, ihre Entscheidung zu revidieren.

Die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas hatte es am Donnerstag vergangener Woche abgelehnt, dem Antrag auf eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrags Altenpflege zuzustimmen, der zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) ausgehandelt worden war. Ausschlaggebend war die Ablehnung der Arbeitgebervertreter in der Kommission. Da dem Verfahren beide kirchlichen Wohlfahrtsverbände, Caritas und Diakonie, zustimmen mussten, ist ein Flächentarif in der Pflege, für den sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einsetzt, damit gescheitert. Die Diakonie hatte ihre Beschlussfassung einen Tag nach dem Veto der Caritas-ARK abgesagt. Die Kirchen und ihre Sozialverbände handeln Löhne und Gehälter nicht mit Gewerkschaften, sondern in eigener Regie in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen aus.

Der Branchentarif hätte die bisherigen Mindestlöhne in der Pflege abgelöst und zu höheren Mindestentgelten geführt. Dagegen stemmen sich vor allem private Pflege-Anbieter mit dem Argument, ver.di und BVAP repräsentierten nur eine kleine Minderheit der in der Branche tätigen Unternehmen und Beschäftigten. Auf die rund 300.000 Beschäftigten bei Caritas und Diakonie hätte der angestrebte Flächentarif zunächst keine Auswirkungen gehabt, da ihre Vergütungen darüber liegen.

Heil hatte nach dem Veto der Caritas angekündigt, die Mindestlohnkommission neu zu berufen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Lohnuntergrenzen stärker angehoben werden als es bisher der Fall ist. In der politischen Diskussion ist außerdem, die Vergütungen für die Einrichtungen aus der Pflegeversicherung an Tarifentlohnung zu binden.

Das Nein der Caritas hatte innerhalb des Verbandes und in der Politik für Kritik gesorgt. Dem katholischen Verband wird vorgeworfen, sein Veto widerspreche den eigenen Forderungen. Neher betonte, die Caritas engagiere sich seit langem dafür, die Arbeitsbedingungen aller Pflegekräfte zu verbessern. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag sei aber nicht der einzige Weg.