Hanau (epd). In einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags in Hanau vor einem Jahr hat die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann aufgerufen, gemeinsam für eine offene und vielfältige Gesellschaft einzustehen. "Wir sind viele, nicht nur Christinnen und Christen, die für Vielfalt eintreten", sagte Hofmann am Sonntag in einem Gottesdienst in der Hanauer Marienkirche vor rund 50 geladenen Gästen, darunter Familien der Opfer sowie muslimische und jüdische Religionsvertreter. Eingeladen zu dem im Internet live übertragenen Gottesdienst unter der Überschrift "Offen für Vielfalt - Geschlossen gegen Ausgrenzung" hatten die kurhessische Landeskirche und der Kirchenkreis Hanau.
Das Leben in Hanau sei durch die rassistische Gewalttat schwer erschüttert worden, sagte Hofmann. Viele Menschen hätten das Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit verloren. Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger sei es, geschlossen gegen Ausgrenzung, Fremdenhass und Verschwörungstheorien zusammenzustehen. Auch gelte es, eigene rassistische Vorurteile zu überwinden und offen auf Menschen anderer Herkunft, Religionszugehörigkeit oder Kultur zuzugehen. Für ein friedliches Miteinander trügen alle gemeinsam Verantwortung, die evangelische Kirche stehe an der Seite jener, die Gewalt und Verfolgung erlitten, versicherte die Bischöfin.
Aufgabe sei es auch, sich solidarisch mit Menschen zu zeigen, die sich gegen Ausgrenzung und Diskriminierung einsetzen, betonte Hofmann. Jeder Einzelne müsse sich "auch ehrlich machen" über die eigene Verstrickung in rassistisches Denken und rassistische Strukturen. Der christliche Glaube zeige, dass alle Menschen ohne Unterschied Gottes Kinder seien. Nun müsse man auf seine viel zu oft noch unbekannten Nachbarn wie Flüchtlinge und Migranten zugehen, "einander kennenlernen und Gefühle von Hass und Angst" überwinden, sagte die Bischöfin. Dafür wolle die evangelische Kirche auch Räume für Begegnungen schaffen.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher an mehreren Orten der südhessischen Stadt neun Menschen erschossen. Anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. Ein Gutachten attestierte dem Täter paranoide Schizophrenie, gepaart mit rassistischer Ideologie.