Studie: Digitalisierung kann Landraub befördern

Studie: Digitalisierung kann Landraub befördern

Köln (epd). Die Digitalisierung verschärft einer Studie der Menschenrechtsorganisation Fian zufolge eine Ungleichverteilung beim Grundbesitz und kann als Instrument zum Landraub missbraucht werden. "Die gegenwärtige Anwendung von digitalen Technologien verstärkt häufig Ungleichheiten im Landsektor", erklärte Philip Seufert, einer der Verfasser, am Mittwoch in Köln. Wenn der Einsatz digitaler Technologien nicht an Menschenrechtsstandards gebunden sei, profitiere nur eine kleine Gruppe mächtiger Unternehmen und Eliten. "Ländliche Gemeinden hingegen laufen Gefahr, ihr Land und ihre Existenzgrundlage zu verlieren."

Für die Studie wurden den Angaben zufolge Projekte und Entwicklungen in Brasilien, Indonesien, Georgien, Indien und Ruanda untersucht. Dabei habe sich gezeigt, dass Großunternehmen und lokale Eliten die neuen Technologien nutzten, um sich Land zu sichern und lokale Gemeinden zu vertreiben, hieß es. Beispielweise hätten sich Agro-Unternehmen im Mirador Nationalpark in Brasilien mit Hilfe von digitalen Katastern Land in Naturschutzgebieten illegal angeeignet. Hunderte Familien, die dort seit Generationen lebten, seien in Folge dieses digitalen Landraubs vertrieben worden.

Landbezogene Digitalisierungsprozesse dienten vielerorts in erster Linie dazu, Land für Finanzinvestitionen attraktiv zu machen, kritisieren die Autoren der Studie. Zudem verließen sich die Regierungen zunehmend auf Privatunternehmen, um die Infrastruktur für die digitale Landverwaltung bereitzustellen. Damit werde die öffentliche Kontrolle über grundlegende Dienstleistungen und Güter untergraben.

"Es ist inakzeptabel, dass Regierungen und Entwicklungsbanken den Einsatz digitaler Technologien im Landsektor vorantreiben, ohne international akzeptierte Menschenrechtsstandards zu berücksichtigen", erklärte Mathias Pfeifer, Koautor der Studie. "Verschlimmert wird die Lage durch die zumeist mangelnden Beteiligungsmöglichkeiten der Betroffenen." Die Menschenrechtsorganisation fordert, international vereinbarte Menschenrechtsstandards im Zusammenhang mit Digitalisierung aufrechtzuerhalten und umzusetzen.