Hessischer Landtag gedenkt der Opfer des Anschlags von Hanau

Hessischer Landtag gedenkt der Opfer des Anschlags von Hanau

Wiesbaden (epd). Rund ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag in Hanau hat der hessische Landtag am Dienstag der Opfer gedacht. Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) versprach den Familien der Getöteten: "Diese niederträchtige Tat wird nicht in Vergessenheit geraten." In der Gedenkstunde, an der Hinterbliebene teilnahmen, forderte Rhein ein entschiedenes Eintreten aller auch schon gegen Ansätze von Menschenhass, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Nach Rheins Rede erhoben sich die Abgeordneten zu Ehren der Ermordeten für eine Schweigeminute.

Bei dem Anschlag am 19. Februar 2020 hatte der rechtsextremistisch motivierte Täter neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen, bevor er am Ende seine Mutter und sich selbst tötete. "Das Attentat von Hanau ist die Eskalation rassistisch und rechtsextremistisch motivierter Anschläge in Deutschland in jüngster Zeit", erklärte Landtagspräsident. Er erinnerte an die vorausgegangenen Anschläge der NSU und in Halle sowie den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und sagte: "Wir erkennen, dass wir 76 Jahre nach der Schoah ein offensichtliches und bedrohliches Problem mit Rechtsextremismus und Rassismus haben. Hier - ausgerechnet in Deutschland."

Rhein fügte hinzu: "Die Morde von Hanau haben uns wachgerüttelt, sie haben uns die Augen geöffnet. Sie sind eine Zäsur." Wer heute noch "wehret den Anfängen" rufe, meine es sicher gut, habe aber offenbar nicht verstanden, "dass wir mittendrin sind. Wir haben es zu tun mit den alten bösen Geistern in neuen Gewändern".

Sechs Hinterbliebene und ein Überlebender des Anschlags von Hanau saßen während der Gedenkfeier vor Beginn in der Mitte des Plenarsaals im Wiesbadener Landtag. Rhein verlas die Namen aller neun Mordopfer vom 19. Februar 2020 und sagte: "Für uns alle bleibt diese Nacht ein unauslöschbares Datum." Es gebe keine Worte, die das Unbegreifbare beschreiben könnten, auch heute nicht.

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) räumte unterdessen ein, dass es in der Tatnacht einen Engpass beim polizeilichen Notruf in Hanau gab. "Es ist richtig, dass die Polizeistation in Hanau nur eine begrenzte Anzahl von Anrufen in dieser Nacht entgegennehmen konnte", sagte er und nannte technische Gründe dafür, dass Anrufe nicht weitergeleitet wurden. Dennoch habe die Polizei aber unmittelbar nach dem ersten Notruf gehandelt und sei ein bis zwei Minuten später an dem einen und nach drei bis vier Minuten an dem zweiten Tatort gewesen. Das Problem mit der Erreichbarkeit werde nun mit der Weiterleitung von Notrufen an das zuständige Polizeipräsidium gelöst.