Lübcke-Prozess: Verteidiger fordert Freispruch für Markus H.

Lübcke-Prozess: Verteidiger fordert Freispruch für Markus H.

Frankfurt a.M. (epd). Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der Verteidiger von Markus H. (44) den Freispruch seines Mandanten gefordert. "Mein Mandant hat nichts zu bereuen. Er sitzt hier zu Unrecht", sagte Björn Clemens am Dienstag in seinem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. H. habe nichts von den Plänen des Hauptangeklagten Stephan E. gewusst und somit auch keinen Einfluss darauf nehmen können. Zudem solle H. "für die erlittene Untersuchungshaft" entschädigt werden, forderte Clemens.

Die Bundesanwaltschaft hingegen hatte im Dezember für Markus H. insgesamt neun Jahre und acht Monate Haft für "psychische Beihilfe" zum Mord an dem Politiker gefordert. Diese soll H. unter anderem in Form von Gesprächen und Schießübungen geleistet und den Mord billigend in Kauf genommen haben, hatte Oberstaatsanwalt Dieter Killmer gesagt. Die Nebenklage geht noch weiter und wirft H. Mittäterschaft vor. H. hat zu den Vorwürfen bisher geschwiegen.

Stephan E. (47) wirft die Bundesanwaltschaft den Mord an Walter Lübcke in der Nacht vom 1. auf 2. Juni 2019 in Wolfhagen-Istha und versuchten Mord an dem Asylbewerber Ahmed I. am 6. Januar 2016 in Lohfelden aus rechtsextremistischen Motiven vor.

Während die Bundesanwaltschaft und die Nebenklage davon ausgehen, dass H. den befreundeten E. beeinflusst habe, zeichnete Clemens am Dienstag ein ganz anderes Bild: E. sei derjenige, "der auf andere eingewirkt" habe und nicht derjenige, "der sich leiten lässt". Zwischen E. und H. gebe es "keine Freundschaft", sagte Clemens, der versuchte, die Glaubwürdigkeit von E. zu erschüttern.

Laut E.s letzter Aussage war H. dabei, als E. den Politiker auf dessen Terrasse erschoss. Während E. immer wieder durch Gewalttaten aufgefallen sei und ein eingeschliffenes fremdenfeindliches Weltbild habe, sei sein Mandant H. "ein Musterbeispiel einer ganz legalen Lebensführung", sagte der Verteidiger.

Zu Beginn des Plädoyers hatte Clemens eine seiner Ansicht nach feindliche Einstellung in Gesellschaft und Medien gegen seinen Mandaten beklagt. Dabei hatte er auch einzelne Medien und deren Berichterstattung heftig kritisiert.

Das Plädoyer sollte am Nachmittag fortgesetzt werden, zudem sollten die Angeklagten Gelegenheit zu letzten Worten haben. Das Urteil wird nach 44. Verhandlungstagen am Donnerstag erwartet.