Corona: Bündnis fordert Soforthilfen für die Armen

Corona: Bündnis fordert Soforthilfen für die Armen
Sozialverbände machen Druck auf den Bund, Einkommensarme in der Corona-Krise zu unterstützen. Die Ankündigung von Bundessozialminister Heil, einen Zuschuss für coronabedingte Belastungen auf den Weg zu bringen, sei überfällig, aber nicht ausreichend.

Berlin (epd). Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und Initiativen fordert angesichts der fortdauernden Corona-Pandemie Hilfen für die Bedürftigsten. Der Regelsatz bei Hartz IV und Altersgrundsicherung müsse auf mindestens 600 Euro im Monat steigen, heißt es in dem gemeinsamen Aufruf "Soforthilfen für die Armen - Jetzt!" von 36 Verbänden und Gewerkschaften, der am Montag in Berlin veröffentlicht wurde. Für die Dauer der Pandemie müsse zudem ein pauschaler Zuschlag von 100 Euro monatlich gezahlt werden, damit die Menschen die zusätzlichen Belastungen tragen könnten. Die Grünen begrüßten den Aufruf.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, erklärte: "Wir erwarten von dieser Bundesregierung ohne Wenn und Aber und ohne weitere Ausflüchte, dass sie endlich auch etwas für die Armen tut, das wirklich Substanz hat." Maria Loheide, Vorstandsmitglied der Bundesdiakonie, sagte: "Krisen dürfen die Schwächsten nicht noch ärmer machen." Deshalb müsse spätestens die neue Bundesregierung im Herbst Maßnahmen umsetzen, die den Sozialstaat für seine Bürger nachhaltig krisenfest mache.

Bereits im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 hätten die Bezieher von Hartz-IV-Leistungen und der Altersgrundsicherung keine zusätzlichen Hilfen bekommen, kritisieren die Verfasserinnen und Verfasser des Aufrufs. Alle großen Sozialverbände, die Gewerkschaften ver.di und Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Kinderschutzbund, der Mieterbund, der Tafelverband Deutschland, der Kulturrat, Umwelt- und Verbraucherverbände sowie der Berufsverband für Pflegeberufe zählen zu dem Bündnis.

Der zusätzliche Bedarf durch wegfallendes Schulessen, geschlossene Tafeln, steigende Lebenshaltungskosten und Mehrausgaben für Masken und Desinfektionsmittel sei offensichtlich. Vor diesem Hintergrund komme die jüngste Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes zum Jahreswechsel um lediglich 14 Euro auf 446 Euro im Monat einem "armutspolitischen Offenbarungseid" gleich.

Für Kinder und Jugendliche fordern die Verbände Computer und Lernmittel als einmalige Leistung der Jobcenter für den digitalen Unterricht. Außerdem verlangen sie einen Kündigungsschutz für Mieter, die aufgrund der Pandemie in Mietzahlungsschwierigkeiten geraten sind, wie er im vergangenen Jahr nach Ausbruch der Pandemie bis 30. Juni galt.

Die jüngste Ankündigung von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD), einen Zuschuss für coronabedingte Zusatz-Belastungen auf den Weg zu bringen, sei ein überfälliges Signal, reiche aber angesichts der Not vieler Betroffener bei weitem nicht aus, erklären die Verbände. Die Bundesregierung hat kostenlose FFP2-Masken für Bedürftige in Aussicht gestellt, da Bund und Länder die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Bussen, Bahnen und Geschäften beschlossen haben. Arbeitsminister Heil will außerdem einen Corona-Zuschuss auf Hartz-IV-Leistungen.

Die Grünen unterstützen den Vorstoß der Verbände. Der sozialpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Sven Lehmann, sagte am Montag in Berlin, es müsse verhindert werden, dass die Corona-Krise die Armutskrise verschärfe. Es mache fassungslos, dass die große Koalition "seit einem dreiviertel Jahr anhaltender Krise zusätzliche Hilfen für Menschen in Armut blockiert und ihre Leiden ignoriert".

epd bm/mj svo