Patientenschützer fordern Statistik zu Sterbeorten von Corona-Toten

Patientenschützer fordern Statistik zu Sterbeorten von Corona-Toten

Essen, Berlin (epd). Patientenschützer fordern eine bundesweite Datenerhebung zu Sterbeorten der Corona-Toten. Der Bundesgesundheitsminister müsse endlich das Robert Koch-Institut beauftragen, dazu eine tägliche Statistik zu veröffentlichen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" (Freitag). Es mangele an verlässlichen Daten und Fakten zum Sterbeort der Covid-19-Patienten. Viele Covid-19-Patienten sterben nach Beobachtung der Patientenschützer derzeit nicht auf den Intensivstationen.

Das Durchschnittsalter auf den Intensivstationen sei mittlerweile teilweise auf unter 60 Jahre gesunken, sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz. "Doch der Anteil der über 70-Jährigen, die an und mit Covid-19 versterben, beträgt über 90 Prozent. Dieser Widerspruch ist besorgniserregend", erklärte Brysch. Hinzu käme, dass die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Neuinfektionen zwar stetig sinke, die täglich gemeldete Zahl der Toten aber nicht in gleichem Maße. Deshalb müsse geklärt werden, warum so viele Hochbetagte und Pflegeheimbewohner die Kliniken gar nicht erst erreichten.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte, viele Pflegebedürftige, die an Covid-19 erkranken, würden nach Aussagen von Intensivmedizinern und Pflegeleitern heute in ihren Einrichtungen oder auf Normalstationen sterben. "Sie werden gar nicht mehr auf die Intensivstationen verlegt", sagte der Politiker und Mediziner den Funke-Zeitungen. Die hohen Sterberaten, das geringe Durchschnittsalter der Intensivpatienten und der Rückgang auf den Intensivstationen lasse sich anders nicht erklären. Entsprechende Daten dazu fehlten allerdings.

Eine mögliche Ursache könnten laut Lauterbach Erfahrungen aus der ersten Pandemiewelle sein. Pflegebedürftige, die an Covid-19 erkranken, hätten eine Sterbewahrscheinlichkeit von zum Teil mehr als 75 Prozent. "Wer die Erkrankung überlebt, hat ein hohes Risiko für einen schweren Demenzschub, viele erholen sich trotz Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr davon", sagte Lauterbach. Weil viele Pflegebedürftige per Patientenverfügung längere lebenserhaltende Maßnahmen ablehnten, entschieden sich Ärzte zusammen mit den Angehörigen offensichtlich öfter gegen eine Einweisung in die Klinik. In solchen Fällen werde in der Regel eine Palliativbehandlung begonnen, sagte Lauterbach. Er gehe davon aus, dass hinter solchen Entscheidungen medizinische Gründe stünden und nicht etwa das Vorhaben, Intensivstationen zu entlasten.