Wittekindshof: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 145 Beschuldige

Wittekindshof: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 145 Beschuldige

Bielefeld (epd). Im Zusammenhang mit Vorwürfen der Freiheitsberaubung in der Diakonischen Stiftung Wittekindshof ermittelt die Staatsanwaltschaft mittlerweile gegen 145 Beschuldigte. Darunter befinden sich der ehemaliger Leiter eines Geschäftsbereichs, Ärzte und verantwortliche Betreuer sowie Angehörige des Pflegepersonals, wie die Staatsanwaltschaft Bielefeld und die Polizei Minden am Montag mitteilten. Ihnen würden Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Fall war im Oktober 2019 bekanntgeworden. Die polizeiliche Ermittlungskommission durchsuchte insgesamt 26 Objekte, vor allem in Ostwestfalen.

Die große Zahl der Beschuldigten komme dadurch zustande, dass die Ermittlungen Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, "dass sie als Pflegepersonal an der Umsetzung von einzelnen freiheitsentziehenden Maßnahmen beteiligt gewesen sind, ohne diese jedoch angeordnet zu haben", erklärten Staatsanwaltschaft und Polizei.

Bislang haben die Ermittler 32 mutmaßlich Geschädigte identifiziert, wie es weiter hieß. Bei den freiheitsentziehenden Zwangsmaßnahmen handele es sich unter anderem um Gruppen- oder Zimmerverschluss sowie das Absondern in einem sogenannten "Time-Out-Raum", ohne dass ein richterlicher Beschluss vorgelegen hätte oder zur Weiterführung der Maßnahme eingeholt worden sei. Gleiches gelte für Fixierungen auf einem Stuhl oder einer Matte.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge soll es zudem in mehr als 20 Fällen zum Einsatz von CS-Gas gegen Bewohner des einen Geschäftsbereiches gekommen sein. Hier sei jedoch die Prüfung noch nicht abgeschlossen, ob der Einsatz von Reizgas möglicherweise durch Notwehr gerechtfertigt gewesen sei, hieß es. Derzeit sei noch nicht absehbar, wann die komplexen Ermittlungen abgeschlossen sein werden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.

Der betroffene Arbeitsbereich des Wittekindshofes wurde inzwischen neu strukturiert, Personal ausgetauscht und aufgestockt. Der Vorstandssprecher des Wittekindshofes, Dierk Starnitzke, erklärte dazu: "Wenn Maßnahmen ergriffen wurden, die nicht rechtmäßig und vielleicht sogar strafbar gewesen sind, dann gilt es, das schonungslos aufzuklären, wozu wir auch unbedingt entschlossen sind."

Die 1887 gegründete Stiftung Wittekindshof mit Sitz in Bad Oeynhausen unterstützt nach eigenen Angaben jährlich rund 5.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsen mit Beeinträchtigungen. Der Bereich "Heilpädagogische Intensivbetreuung" richtet sich an Menschen mit einer geistigen Behinderung und zusätzlichen schweren psychischen Störungen oder massiv herausforderndem Verhalten.