Barenboim: Kultur wird zu wenig Wert beigemessen

Barenboim: Kultur wird zu wenig Wert beigemessen

Bonn (epd). Der Kultur wird nach Ansicht des Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim im Zuge der Corona-Debatte zu wenig Bedeutung beigemessen. Es werde viel über Fragen der Gesundheit und über die Wirtschaft gesprochen, aber kaum über Kultur, sagte Barenboim am Mittwoch in Bonn anlässlich der Proben zum Festkonzert zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens. "Der Wert der Kultur ist in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen", klagte der Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper. Das gesellschaftliche Interesse fokussiere sich zu einseitig auf technologische Entwicklungen und künstliche Intelligenz: "Es ist eine geistlose Zeit."

Barenboim, der am Donnerstag mit dem West-Eastern Divan Orchestra in Bonn ein Festkonzert anlässlich des 250. Geburtstags Beethovens spielt, betonte den einenden Charakter der Musik. Das Jubiläumskonzert sei für ihn persönlich wichtig, weil man mit der Musik Menschen erreichen könne. "Beethoven ist noch heute ein moderner Komponist. Bei ihm gibt es alles, was Musik ausdrücken kann." Das Publikum könne mit der Musik des 1770 in Bonn geborenen Komponisten "große menschliche Erfahrung" machen.

Das West-Eastern Divan Orchestra, das vor 21 Jahren in seinem ersten Konzert Beethovens 7. Sinfonie spielte, ist nach Barenboims Worten ein Beispiel für die verbindende Kraft der Musik. In dem 1999 von Barenboim mitgegründeten Orchester spielen junge israelische und arabische Musiker Seite an Seite. Dabei konzentrierten sie sich bei den Proben den ganzen Tag darauf, gemeinsam das Gleiche zu tun, sagte Barenboim. Das bedeute nicht, dass sie in allen politischen Fragen einig seien. "Aber wenn man sechs Stunden zusammen gespielt hat, ist man beim Abendessen weniger feindlich."

Das West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung Barenboims spielt am Donnerstag, dem Tauftag des Komponisten, in Bonn Beethovens drittes Klavierkonzert sowie seine "Schicksalssinfonie" Nr. 5. Das Konzert findet ohne Publikum statt, wird aber auf der Internetseite der Beethoven Jubiläums Gesellschaft gestreamt und im Rundfunk und Fernsehen übertragen.