Impfstoff-Zulassung noch vor Weihnachten möglich

Impfstoff-Zulassung noch vor Weihnachten möglich
Spahn appelliert an Bürger
Vor Weihnachten soll ein Impfstoff gegen das Corona-Virus zugelassen werden. Wenige Tage später könnten dann die Impfungen auch in Deutschland beginnen. Gesundheitsminister Spahn und RKI-Chef Wieler warnen vor zu vielen Kontakten zu Weihnachten.

Berlin (epd). Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will möglichst noch vor Weihnachten grünes Licht für einen Corona-Impfstoff geben. Für die Entscheidung über das Mittel von Biontech und Pfizer sei eine Sitzung am 21. Dezember geplant, teilte die Amsterdamer EU-Agentur am Dienstag mit. Zugleich bekräftigte sie, dass die Prüfung erst beendet werde, wenn alle nötigen Daten vorlägen.

In Berlin dämpften Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident des Robert-Koch Instituts Lothar Wieler Hoffnungen auf Normalität. Sie appellierten am Dienstag an alle Menschen, ihre Kontakte zu Weihnachten so eng wie möglich zu beschränken. Die Infektionszahlen seien viel zu hoch, vor allem die Zahl der Toten unter alten Menschen, sagte Spahn.

Der Impfstoff bedeute Hoffnung, sagte Spahn. Eine Zulassung zu Weihnachten sei eine gute Nachricht. Zwei bis vier Tage später könnten die Impfungen in Deutschland beginnen. Die Bundesländer seien einsatzbereit. Spahn verteidigte das europäische Zulassungsverfahren. Man handele in der EU gemeinsam, um gemeinsam mit dem Impfen beginnen zu können. Zugleich sei angesichts der hohen Infektionszahlen der erneute Shutdown geboten, sagte Spahn. Die Vollbremsung werde allerdings "eine lange Bremsspur haben", dämpfte er die Hoffnungen auf eine schnelle Normalisierung.

Forderungen nach einer Notzulassung von Impfstoffen wie in Großbritannien und den USA wies Spahn zurück. Die Menschen müssten dem Zulassungsverfahren trauen können: "Nichts ist wichtiger beim Impfen als Vertrauen in den Impfstoff", betonte er. Zuletzt hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Notzulassung des Impfstoffs gefordert. Demgegenüber erklärte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, dafür sei es zu spät. Sie dauere jetzt länger, als das laufende Verfahren abzuwarten.

Zuständig für die EU-weite Impfstoffzulassung sind die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in Amsterdam und die Brüsseler EU-Kommission. Die EMA prüft die Anträge für die Impfstoffe und gibt dann eine Empfehlung ab. Die formelle Zulassung erteilt auf dieser Grundlage die EU-Kommission. Für den Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer wurde eine sogenannte bedingte Zulassung beantragt. Dabei gilt laut EMA, dass die Daten zeigen müssen, dass der Nutzen des Impfstoffs die Risiken überwiegt.

Nach Einschätzung von RKI-Chef Wieler wird sich die Corona-Lage trotz des Lockdowns zunächst verschärfen. "Wir haben aktuell einen Höchststand an Infizierten, und da schwere Verläufe und Todesfälle immer erst mit einem gewissen Zeitverzug eintreten, müssen wir uns darauf einstellen, dass sich die Situation über Weihnachten noch zuspitzen wird", sagte er und appellierte an alle, Begegnungen auf das Nötigste einzuschränken. Er selbst werde weniger Kontakte haben als erlaubt und bleibe" ganz bewusst darunter", sagte Wieler.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten zuletzt 14.432 neue Corona-Infektionen innerhalb von 24 Stunden. Die Gesamtzahl seit Beginn der Pandemie stieg damit in Deutschland auf mehr als 1,35 Millionen. Es starben 500 weitere Menschen an oder mit dem Virus. Die Zahl der Todesfälle insgesamt erhöhte sich auf 22.475.

Im Dezember seien durchweg mehr Infektionen gemeldet worden als im November, sagte Wieler: "Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie." Aktuell seien mehr als 325.000 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert. In den Sommermonaten seien es wenige Tausend gewesen. Wieler sagte, der Schutz alter Menschen hänge maßgeblich davon ab, dass die Infektionszahlen insgesamt sinken. Dazu könne jeder Einzelne beitragen.

Die FDP fordert ein Gesetz über die Reihenfolge der Impfungen. Sie will einen eigenen Entwurf in den Bundestag einbringen. Zwar unterstütze seine Fraktion die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko), sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae. Eine Verordnung der Regierung reiche aber nicht aus, wenn es um Leben und Tod gehe.

Demgegenüber erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), die gesetzliche Grundlage sei das bereits vom Parlament verabschiedete dritte Bevölkerungsschutzgesetz. Darin sei aufgeführt, wie begrenzt vorhandene Impfstoffe verteilt werden sollen. Am Mittwoch will das Parlament über die Umsetzung der Nationalen Impfstrategie debattieren. Die Stiko-Empfehlungen sollen Wieler zufolge ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht werden.

epd bm/mey/mih/kfr/ps cez