Erzbistum informiert über Sachstand rund um Missbrauchsgutachten

Erzbistum informiert über Sachstand rund um Missbrauchsgutachten
Was als Aufklärung geplant war, wurde zum Dickicht. Inhalte des Kölner Missbrauchsgutachtens sind nicht bekannt. Doch altes und neues Bistumspersonal, Gutachter und Strafrechtler ringen um Deutungshoheit. "FAQs" sollen nun für mehr Durchblick sorgen.

Köln (epd). Das Erzbistum Köln veröffentlicht Informationen rund um den Streit über ein juristisches Gutachten zum Umgang des Erzbistums mit sexuellem Missbrauch an Kindern und Schutzbefohlenen. Der online eingestellte Katalog beantworte häufig an das Erzbistum gerichtete Fragen und werde laufend aktualisiert, erklärte das Erzbistum am Mittwoch. Die sogenannten FAQs seien eine Reaktion auf die Medienberichterstattung nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl und der neuen Beauftragung des Strafrechtlers Björn Gercke.

Die Fragenkataloge und Medienberichte seien von unterschiedlichen Auffassungen geprägt gewesen, hieß es. Mit der Aufstellung der Antworten auf die häufigsten Fragen wolle das Erzbistum für eine "transparente Erklärung des aktuellen Stands und des Fortgangs der unabhängigen Untersuchung" sorgen. Hintergrund ist die ursprünglich für März dieses Jahres angekündigte Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens zum Umgang leitender Kleriker im Erzbistum mit Verdachtsfällen und Fällen sexuellen Missbrauchs durch Priester und Diakone.

Doch Erzbischof Rainer Maria Woelki, der das Gutachten durch die Münchener Rechtsanwaltskanzlei 2018 in Auftrag gegeben hatte und den Angaben nach bis heute vereinbarungsgemäß keine Kenntnis vom Inhalt des Gutachtens hat, stoppte die Veröffentlichung und beendete die Zusammenarbeit mit der Kanzlei. Dabei stützte sich Woelki auf die negative Beurteilung zweier Strafrechtsprofessoren aus Frankfurt und Nürnberg, Matthias Jahn und Franz Streng. "Die von den Professoren Jahn und Streng festgestellten Mängel wirken sich auf das gesamte Gutachten der Sozietät Westpfahl aus", heißt es in den Online-Antworten des Erzbistums.

Die Trennung von der Münchener Kanzlei sei nötig geworden, weil die Kanzlei die Anforderungen an die unabhängige Untersuchung nicht erfüllt habe, erklärte das Erzbistum und verwies in der vergangenen Woche auf eine entsprechende Einigung von Erzbischof Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann mit dem Betroffenenbeirat des Erzbistums. Die Münchener Kanzlei sei wiederholt an ihrem Versprechen und am Anspruch der Betroffenen sowie des Erzbistums gescheitert, eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse und persönlichen Verantwortlichkeiten in Form eines rechtssicheren und belastbaren Gutachtens zu erreichen und einen zur Veröffentlichung geeigneten Bericht zu erstellen, hieß es.

Die Ergebnisse der Untersuchung von Kölner Bistums-Personalakten ab 1975 durch die Münchener Anwaltskanzlei, die auch für das benachbarte Bistum Aachen tätig ist, waren mit Spannung erwartet worden. Unter anderem die Arbeit des damaligen Personalchefs und Generalvikars des Erzbistums, des heutigen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße, hätte im Mittelpunkt der Bewertung gestanden. Medienberichten zufolge intervenierten Heße und auch andere ehemalige Verantwortliche jedoch und warfen der Münchener Kanzlei methodische Mängel vor. Das Kölner Erzbistum sagte eine bereits anberaumte Pressekonferenz zur Vorstellung des Gutachtens im März ab.

Nach der endgültigen Trennung von der Münchener Kanzlei gab Erzbischof Woelki ein neues juristisches Gutachten in Auftrag. Neuer Aufklärer ist der Kölner Strafrechtler Björn Gercke. Seine unabhängige Untersuchung zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln soll bis zum 18. März kommenden Jahres veröffentlicht werden. Gercke kündigte bereits eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse an. Diese Aufarbeitung systemischer Defizite und persönlicher Verantwortlichkeiten werde für das Erzbistum "ungemütlich" werden, hatte er Journalisten gesagt.

Gercke ist offenbar grundsätzlich für eine Veröffentlichung der Studie seiner Vorgänger. "Ich persönlich habe überhaupt kein Problem, wenn mein Gutachten nächstes Jahr neben das Westpfahl-Gutachten gelegt wird", sagt der Kölner Strafrechtler der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". "Dann können sich alle ein Bild machen. Wenn dies in irgendeiner Form äußerungsrechtlich möglich sein sollte, würde ich dies im Sinne von Transparenz begrüßen."