15-Jähriger wegen Nazi-Videos aus Dresdner Kreuzchor entlassen

15-Jähriger wegen Nazi-Videos aus Dresdner Kreuzchor entlassen
Ein jugendlicher Sänger des Dresdner Kreuzchores hat Videos mit NS-Inhalten ins Netz gestellt. Nun muss er den berühmten Chor verlassen. Doch ihm wird eine zweite Chance in Aussicht gestellt.

Dresden (epd). Ein 15-jähriger Kruzianer ist wegen Nazi-Videos aus dem Dresdner Kreuzchor ausgeschlossen worden. Das bestätigte die Sprecherin des Chores, Nina Bewerunge, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. Der Zehntklässler habe auf der Internetplattform Youtube insgesamt fünf Filme mit einer Länge zwischen fünf und neun Minuten eingestellt, die den Chor mit dem Nationalsozialismus in Verbindung bringen und Gewaltfantasien beinhalten. Zudem seien darin Mitschüler gemobbt, Behinderte und Ausländer lächerlich gemacht worden.

Eine erste Sequenz soll bereits vor etwa anderthalb Jahren online gestellt worden sein. Insgesamt seien die Filme 500 Mal angeklickt worden. Der Schüler habe sie inzwischen alle gelöscht. Das Material sei allerdings zuvor durch das Alumnat sichergestellt worden. Es werde derzeit vom Rechtsamt der Stadt geprüft, sagte Bewerunge. Ob der Vorfall auch juristische Konsequenzen haben werde, sei derzeit noch offen. Der Kreuzchor mit einer mehr als 800-jährigen Tradition wirkt in städtischer Trägerschaft.

Bekanntgeworden sei der Vorgang eher zufällig am 9. Oktober bei einer Sitzung zwischen Vertretern des Chorinternats und Eltern anderer Kruzianer, sagte Bewerunge. Am Montag darauf sei der Schüler im Beisein seiner Eltern befragt worden. Er sei sich der Tragweite seines Handelns noch immer nicht bewusst, stehe selbst unter Schock.

Der Heranwachsende war wegen des Stimmbruchs zuletzt passives Mitglied im Chor. Er gehörte den Angaben zufolge seit der 5. Klasse zum Kreuzchor. Laut Bewerunge will der Chor "den jungen Menschen nicht fallenlassen". Er könne sich unter Auflagen im neuen Schuljahr um eine Wiederaufnahme in den Kreuzchor bewerben. Begründet wird dies damit, dass er als langjähriger Kruzianer sein "gesamtes soziales Umfeld" beim Dresdner Kreuzchor habe.

Allerdings müsse er an sich arbeiten. Es seien dazu auch regelmäßige Gespräche mit ihm und mit seinen Eltern geplant. Nach den Ferien werde das Thema aufgearbeitet, sagte Bewerunge, es werde Gespräche mit allen Kruzianern geben. Auch in der Schule, dem Evangelischen Kreuzgymnasium, müsse der Vorfall thematisiert werden. Welche Maßnahmen die Schulleitung ergreifen werde, sei noch unklar. Mit einem Schulverweis wird aber derzeit nicht gerechnet.

Träger der Kreuzschule sind die beiden Dresdner Evangelisch-Lutherischen Kirchenbezirke. Superintendent Albrecht Nollau sagte dem epd: "Die Schulleitung des Evangelischen Kreuzgymnasiums ist durch den Dresdner Kreuzchor über den Vorfall unmittelbar vor seiner Veröffentlichung umfassend informiert worden." Über die Bewertung und mögliche weitere Konsequenzen werde die Schulleitung nach Ende Herbstferien - Anfang November - in Abstimmung mit dem Schulträger beraten.

Der 15-jährige Kruzianer hatte den Angaben zufolge in seinen Filmen NS-Aufmärsche mit Ausschnitten aus Kreuzchor-Dokumentationen vermischt. In einer Sequenz sei die Kreuzkirche gesprengt worden.

Einen ideologischen, rechtsradikalen Hintergrund glaubt Kreuzkantor Roderich Kreile ausschließen zu können. Der Chorleiter hatte am Montag erklärt, dass er in ihm einem "dummen Jungen" sehe, der nicht abschätzen könne, was er ausgelöst habe. Zu entschuldigen sei das Vorgehen nicht.