Experten sehen größte Arktisexpedition aller Zeiten als vollen Erfolg

Experten sehen größte Arktisexpedition aller Zeiten als vollen Erfolg
Deutscher Forschungseisbrecher «Polarstern» nach gut einem Jahr wohlbehalten zurück
Auch wenn der erste Teil der größten Arktisexpedition aller Zeiten mit der Drift über den Nordpol beendet ist - ein großer Teil der Arbeit liegt noch vor den Forschern. Denn nun müssen die gesammelten Daten ausgewertet werden. Das wird Jahre dauern.

Bremerhaven (epd). Die "Mosaic"-Expedition zur Erforschung des Klimasystems in der zentralen Arktis ist nach Einschätzung aller Beteiligten ein voller Erfolg. Im Verlauf seien Daten mit einem Volumen von 150 Terabyte gesammelt worden, "die die Klimaforschung nachhaltig verändern werden", bilanzierte Expeditionsleiter Markus Rex am Montag nach der Rückkehr des Forschungseisbrechers "Polarstern" in den Heimathafen Bremerhaven. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte, es sei die größte Arktisexpedition aller Zeiten, "ein historischer Meilenstein für die Klimaforschung".

Die "Polarstern" war am 20. September 2019 vom norwegischen Tromsø aus in das Nordpolarmeer aufgebrochen und nun am Montagmorgen bei Sonnenaufgang wohlbehalten nach Bremerhaven zurückgekehrt. Unter Leitung des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) arbeiteten seit dem Start Hunderte Wissenschaftler in wechselnden Crews aus 20 Ländern auf dem Schiff, mehr als 80 Forschungsinstitute waren beteiligt. Karliczek wertete das Konsortium als gelungenes Beispiel der internationalen Zusammenarbeit im Kampf für mehr Klimaschutz.

Das Schiff driftete 3.400 Kilometer mit einer gewaltigen Eisscholle im Zickzackkurs durch das Nordpolarmeer. Währenddessen sammelten die Forscher bei bis zu minus 42,3 Grad Celsius Daten in den fünf Teilbereichen Atmosphäre, Meereis, Ozean, Ökosystem und Biogeochemie. Die Arktis gilt als zentrale Klimaküche der nördlichen Erdhalbkugel.

Sieben Eisbrecher und Forschungsschiffe waren nach Angaben des AWI im Einsatz, um in der ansonsten schwer zugänglichen Region Material heranzuschaffen und Personalwechsel möglich zu machen. Insgesamt legte die "Polarstern" rund 16.000 Kilometer zurück. Das Budget dafür beträgt den Angaben zufolge mehr als 140 Millionen Euro. "Mosaic" steht für "Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate".

Während der Expedition hätten die Forscher sehen können, wie sehr der Klimawandel die zentrale Arktis bereits beeinflusse, sagte Rex. Im Sommer sei sogar am Pol das Eis völlig aufgeschmolzen gewesen, im Winter seien zehn Grad höhere Temperaturen als noch zu Zeiten des norwegischen Polarforschers Fridtjof Nansen gemessen worden. Die Eisschicht sei nur noch halb so dick gewesen. Nansen ließ sich 1893 von der sibirischen Seite der Arktis im Eis einfrieren und trieb innerhalb von drei Jahren mit der Eisdrift quer über den Nordpolarbereich bis nach Grönland und Spitzbergen.

Rex sagte, wenn sich die Entwicklung so fortsetze, werde der Nordpol in wenigen Jahrzehnten eisfrei sein. Auch "Polarstern"-Kapitän Thomas Wunderlich sagte, die Situation sei erschreckend gewesen. Das Schiff sei im arktischen Sommer nahezu hindernisfrei vorankommen.

"Eigentlich geht Mosaic jetzt erst los", sagte AWI-Direktorin Antje Boetius mit Blick auf die Daten, die in den kommenden Jahren ausgewertet werden sollen. Dafür wird das Bundesforschungsministerium, das gut die Hälfte der Expeditionskosten übernommen hat, Karliczek zufolge noch einmal mindestens zehn Millionen Euro bereitstellen.

Forscher und Crew mussten im Verlauf der Expedition mit vielen Herausforderungen umgehen. Dazu gehörten neben Eisbären und plötzlich anwachsenden Eisgebirgen die Dunkelheit im arktischen Winter, Kälte und Risse im Meereis. Völlig unerwartet habe dann die Corona-Pandemie die Expedition an den Rand des Abbruchs gebracht, blickte Rex zurück. Personalwechsel und Materialnachschub seien zum Problem geworden. Letztlich habe die internationale Zusammenarbeit "Mosaic" gerettet.