Reul: "Zu viele Fälle" von Rechtsextremismus bei der Polizei

Reul: "Zu viele Fälle" von Rechtsextremismus bei der Polizei
Kontroverse Debatte im Landtag von Nordrhein-Westfalen
Nach Fällen von Rechtsextremismus bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen setzen die Regierungsfraktionen CDU und FDP auf mehr Fortbildung. Die Grünen fordern eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, die SPD will anonyme Hinweise erleichtern.

Düsseldorf (epd). Die Fälle von rechter Gesinnung bei Polizei und Verfassungsschutz beschäftigen weiter das Parlament in Nordrhein-Westfalen. "Wir haben zu viele Fälle von Rechtsextremismus und Rassismus", sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. Die allergrößte Mehrheit der Polizisten schäme sich aber dafür, was gerade passiere.

Als Konsequenz nimmt in der kommenden Woche ein Sonderbeauftragter für rechtsextremistische Tendenzen bei der NRW-Polizei, der Verfassungsschützer Uwe Reichel-Offermann, mit einem sechsköpfigen Team seine Arbeit auf. Reul geht davon auf, dass weitere Fälle zutage treten werden. Aktuell gibt es nach Angaben des Ministers 104 rechte Verdachtsfälle bei den Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen. Davon entfallen 100 auf die Polizei und 4 auf den Verfassungsschutz. Bislang wurden 29 Disziplinarverfahren abgeschlossen, davon wurden in 8 Fällen Disziplinarmaßnahmen ergriffen. Weitere 37 Hinweise aus der Polizei selbst würden derzeit geprüft.

Uneinig sind sich Landesregierung und Opposition darüber, wie rechten Tendenzen in den Sicherheitsbehörden künftig begegnet werden soll. Die Fraktionen von CDU und FDP brachten in der Debatte mit ihrer Regierungsmehrheit einen Antrag auf den Weg, der einen Ausbau verpflichtender Fortbildungsangebote bei der Polizei vorsieht. Diese sollen "für eine gefestigte demokratische sowie verfassungstreue Grundhaltung sorgen und relevantes Wissen zu Phänomenen, Erscheinungsformen und Verhaltensmuster vermitteln". Außerdem sollen die "Ursachen und Auswirkungen psychischer Belastungssituationen im täglichen Polizeialltag oder Möglichkeiten des Durchbrechens eines falsch besetzten Korpsgeistes" analysiert werden. Reul geht davon aus, dass auch die Arbeitsbedingungen bei der Polizei eine Ursache für rechte Gesinnungen sein könnten.

Die Grünen scheiterten mit ihrer Forderung nach einer umfassenden wissenschaftlichen Studie, um eine Bestandsaufnahme zu rechtsextremen Haltungen bei Polizei und Verfassungsschutz zu bekommen. Eine solche Studie könne wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung von Gegenmaßnahmen liefern, betonte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Verena Schäffer.

Gerade bei den Sicherheitsbehörden könnten rechtsextreme Einstellungen fatale Folgen haben, wenn etwa antisemitische Straftaten nicht als solche erkannt würden. Das könne dazu führen, dass sich bestimmte Gruppen nicht mehr an die Polizei wendeten, warnte Schäffer. Deshalb seien diese Einstellungen bei Polizei und Verfassungsschutz "in keiner Weise zu dulden". Belastende Polizeiarbeit sei noch kein Grund, rassistisch zu werden.

Vor einem "Generalverdacht" gegen die Polizei, der "allen schadet", warnte unterdessen der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marc Lürbke: "Der Rechtsstaat funktioniert. Aber wir müssen darüber reden, wie wir das Immunsystem des Rechtsstaats besser machen können." Menschenfeindliche Polizisten seien "ebenso ein Unding" wie polizeifeindliche Menschen.

SPD-Fraktionsvize Sven Wolf forderte die Einrichtung einer Meldestelle für Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden, die anonyme Hinweise auf Verdachtsfälle entgegennehmen könne. "Wir sind es unserer Verfassung schuldig, dass nirgendwo nur ein Feind unserer Demokratie arbeitet", sagte er.