Seehofer: Asylpakt soll Deutschland keine "Sonderlasten" bescheren

Seehofer: Asylpakt soll Deutschland keine "Sonderlasten" bescheren
EU-Innenminister beraten neue Pläne zur Migrationspolitik
Neuer Anlauf: Innenminister Seehofer sieht die Pläne der EU-Kommission für Asyl und Migration als gute Basis, will sie unter den Regierungen voranbringen und peilt eine Grundsatzeinigung bis Jahresende an.

Brüssel/Berlin (epd). Deutschland soll nach dem Willen von Innenminister Horst Seehofer (CSU) durch die Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik keine "Sonderlasten" zu tragen bekommen. Das sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin vor einem EU-Innenministerrat mit Blick auf die sogenannte Sekundärmigration. Dabei ziehen bereits in der EU angekommene Flüchtlinge oft auf eigene Faust weiter, häufig nach Deutschland.

Zugleich machte Seehofer klar, die Reform müsse vielfältige Interessen zusammenzuführen: "Am schlechtesten wäre, wenn wir zu keiner Lösung kommen, und zwar für alle, auch für Deutschland." Die Interessenlagen der EU-Staaten sind verschieden. Die Hauptankunftsländer im Süden wollen, dass ihnen Schutzsuchende abgenommen werden, weiter nördlich gelegene Länder möchten Sekundärmigration beschränken und osteuropäische Länder gar keine Menschen aufnehmen.

Vor diesem Hintergrund berieten die EU-Innenminister am Donnerstag zum ersten Mal in großer Runde über den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Asyl- und Migrationspakt. Seehofer als amtierender Ratsvorsitzender hatte die Videokonferenz zu leiten. Er bekräftigte vor Beratungsbeginn das Ziel einer Grundsatzeinigung bis Jahresende.

Österreichs Innenminister Karl Nehammer äußerte sich ebenfalls zuversichtlich. Der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstag) sagte der ÖVP-Politiker, er erwarte letztlich eine Einigung. Viele Vorschläge wie etwa zum Vorgehen an den EU-Außengrenzen deckten sich mit Österreichs Forderungen. Kritik äußerte der Migrationsexperte Gerald Knaus. Es sei "Unsinn", unwillige Mitgliedsstaaten auf die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber verpflichten zu wollen, sagte Knaus der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag).

Die Pläne der Kommission sehen für bestimmte Gruppen beschleunigte Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor. Ferner soll die Verantwortung für Migranten und Flüchtlinge gleichmäßiger verteilt werden. Besonders belastete Länder sollen unterstützt werden, indem ihnen andere Länder Zufluchtsuchende abnehmen, Rückführungen organisieren oder anderweitig helfen.

Mit Blick auf die Rückführungen verwies Seehofer auf die starke Rolle der Kommission bei den Beziehungen mit Herkunftsländern. Wichtig seien Vereinbarungen mit diesen Ländern, welche Rückführungen und andere Politikbereiche, "zum Beispiel die Entwicklungshilfepolitik", miteinander verschränken. Europa gewähre zugleich politisch Verfolgten und Bürgerkriegsflüchtlingen Schutz, diese humanitäre Ordnung "wollen wir auch beibehalten".

Ähnlich äußerte sich EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Es sei "sehr klar, dass wir das Recht schützen, Asyl zu beantragen", sagte sie in Brüssel. Sie verwies auch auf neue Vorkehrungen gegen sogenannte Push-Backs, bei denen Menschen ohne Prüfung ihres Falles schon vor der Grenze zurückgewiesen werden. Seehofer und Johansson reagierten damit auch auf Kritik vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen. In einer Stellungnahme hatten erst am Donnerstag "Ärzte ohne Grenzen", "Europe Must Act" und weitere Organisationen der EU vorgeworfen, sich weiter "verschanzen" zu wollen: "Der EU-Migrationspakt verschärft sogar noch eine Politik, die auf den griechischen Inseln jahrelanges menschliches Leid erzeugt hat."