Regierungschefs warnen vor Rückschlägen bei Frauenrechten

Regierungschefs warnen vor Rückschlägen bei Frauenrechten
Merkel bei UN-Versammlung: Ohne Frauen ist kein Staat zu machen
Die Vereinten Nationen wollen die Gleichberechtigung von Frauen voranbringen. Doch die Corona-Pandemie und frauenfeindliche Strömungen gefährden die Fortschritte, die seit der Weltfrauenkonferenz von Peking 1995 erzielt wurden.

Frankfurt a.M., New York (epd). Mit Appellen zu mehr Einsatz für Frauenrechte und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern haben die Vereinten Nationen an die Weltfrauenkonferenz von Peking vor 25 Jahren erinnert. UN-Generalsekretär António Guterres sagte bei einem Treffen am Rand der UN-Vollversammlung in New York, bis heute würden Frauenrechte verweigert oder mit Füßen getreten. In der Corona-Pandemie hätten Frauen die Hauptlast zu tragen und seien die ersten, die ihre Jobs verlören. Dringend seien soziale Sicherheitssysteme und mehr Schutz vor Gewalt. Frauenrechte gerieten heute wieder unter Druck. Dem müsse die internationale Gemeinschaft entgegentreten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, Gleichstellung sollte 25 Jahre nach der Pekinger Erklärung eine Selbstverständlichkeit sein. "Aber wir sind noch weit davon entfernt, unsere Nachhaltigkeitsziele für Gleichstellung zu erreichen." Die Corona-Pandemie verschärfe Ungleichheiten noch. "Frauen und Kinder sind stärker von Armut gefährdet. Gewalt gegen Frauen und Mädchen hat zugenommen", sagte Merkel in ihrer auf Video übertragenen Rede.

Die Pandemie zeige aber auch, dass Frauen sich als Stütze der Gesellschaften erwiesen, sei es in Krankenhäusern und Supermärkten oder beim Home-Schooling. Es sei paradox: "Einerseits ist ohne Frauen kein Staat zu machen, andererseits sind sie an wesentlichen Entscheidungen nicht gleichberechtigt beteiligt", betonte Merkel. "Wir brauchen endlich Parität in allen Bereichen - ob in Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik", sagte Merkel. Gleichstellung betreffe Frauen und Männer. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssten dafür an einem Strang ziehen.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rief zum Einsatz für volle Geschlechtergerechtigkeit auf. In der EU-Kommission werde in Kürze Parität erreicht sein, sagte sie in ihrer Video-Rede. "Ich glaube an die Macht der Diversität", betonte sie. Gewalt gegen Frauen in jeder Form zu bekämpfen, Frauen mehr Teilhabe und Führungspositionen zu ermöglichen und gleiche Bezahlung durch bindende Regelungen durchzusetzen, seien wichtige Ziele der EU-Kommission. "Wir brauchen Lohn-Transparenz", sagte von der Leyen.

Auch die äthiopische Präsidentin Sahle-Work Zewde sprach sich dafür aus, sich mit einem massiven Schub für die Rechte von Frauen einzusetzen. Die nepalesische Staatschefin ‎Bidhya Devi Bhandari berichtete, dass in ihrem Land Frauen 41 Prozent der Sitze in den Parlamenten auf unterschiedlichen Ebenen innehätten. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron beklagte, in den vergangenen 25 Jahren seien zu wenig Fortschritte bei der Gleichberechtigung erreicht worden. Als Rückschlag nannte er, dass wegen Corona-Pandemie elf Millionen Mädchen nie mehr in die Schule zurückkehren würden.

Die in Peking 1995 von 189 Staaten beschlossene Aktionsplattform wurde von vielen Rednern und Rednerinnen als Meilenstein gewürdigt. Darin werden Gleichberechtigung bei Bildung, Entlohnung und politischer Teilhabe gefordert, aber auch Selbstbestimmung bei Sexualität, Heirat und Fortpflanzung sowie Schutz vor Gewalt. Bis 2030 hat sich die Staatengemeinschaft mit den UN-Nachhaltigkeitszielen verpflichtet, alle Formen der Diskriminierung von Frauen zu beseitigen.

Die evangelischen Werke "Brot für die Welt" und Diakonie Deutschland riefen dazu auf, frauenfeindlichen Strömungen entgegenzutreten. "Rechtsradikale ermorden Frauen aus purem Hass. Das wird aber als eigenständiges Motiv bisher nicht ernst genommen", erklärte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von "Brot für die Welt", in Berlin. Frauenrechtlerinnen würden in vielen Nationen mit Gewalt bedroht und verfolgt. Frauenfeindlichkeit werde als Element rechtsradikaler Ideologie zu wenig bekämpft.