Razzien gegen illegal Beschäftigte in Fleischindustrie

Razzien gegen illegal Beschäftigte in Fleischindustrie

Pirna (epd). Die Bundespolizei hat am Mittwoch in fünf Bundesländern insgesamt 60 Wohnungen und Betriebsräume durchsucht, um gegen das illegale Einschleusen von Arbeitskräften in der Fleischbranche vorzugehen. Die rund 800 Beamten seien vor allem in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen im Einsatz gewesen, teilte die federführende Bundespolizei im sächsischen Pirna mit. Weitere Durchsuchungen gab es in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.

Die Ermittlungen richteten sich den Angaben zufolge gegen sechs Deutsche, drei Polen und eine Frau aus der Ukraine. Ihnen wird vorgeworfen, "banden- und gewerbsmäßig" mindestens 82 Menschen aus Osteuropa mit gefälschten Papieren eingeschleust zu haben. 20 Arbeiter seien mit vermutlich gefälschten Papieren angetroffen worden. Ihnen droht die Abschiebung. Neben zahlreichen Beweismitteln wie Datenträgern und Dokumenten seien 1,5 Millionen Euro sichergestellt worden, die durch das strafbare Geschäftsmodell verdient wurden.

Die Osteuropäer seien von den Schleusern als EU-Bürger angemeldet worden. Andere seien als angebliche Studenten mit gefälschten Immatrikulationsbescheinigungen ausgestattet worden, um in den Semesterferien arbeiten zu dürfen. Außerdem hätten die Beschuldigten Unterkünfte zur Verfügung gestellt, Fahrdienste organisiert und die Arbeiter bei Kontoeröffnungen und Behördengängen unterstützt.

Anja Piel vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes begrüßte die Polizeiaktion: "Die aktuellen Razzien machen klar: Das Gesetz für Arbeitsschutz muss kommen, schnell und ohne Abstriche." Einzelne Vertreter der Fleischbranche müssten aufhören, für Aufweichungen des Gesetzes zu argumentieren. Leiharbeit und Werkverträge in der Fleischindustrie seien Grund und Ursache "für das Entstehen und Gedeihen dieser kranken und möglicherweise mafiösen Strukturen".

Die Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Jutta Krellmann, sagte, die Razzia zeige, "welche kriminelle Energie" in der Fleischbranche stecke. "Wer jetzt immer noch behauptet, Leiharbeit abzuschaffen sei falsch, macht sich mitschuldig an den unhaltbaren Zuständen in der Branche." Das Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen müsse unbedingt durchgesetzt werden.

Auch die arbeitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Beate Müller-Gemmeke, begrüßte die Razzien. "Wer Menschen aus Osteuropa mit gefälschten oder verfälschten Dokumenten nach Deutschland einschleust, um sie hier dann zu Hungerlöhnen und unter unmenschlichsten Arbeitsbedingungen Schweine und Rinder schlachten zu lassen, dem gehört das Handwerk gelegt." Es sei unerträglich, dass es solche Formen der Ausbeutung in Deutschland weiterhin gebe.

Nach massiven Corona-Ausbrüchen in Großschlachthöfen hatte das Bundeskabinett Ende Juli den Gesetzentwurf zum Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie auf den Weg gebracht, der vom Bundestag noch beschlossen werden muss.