Kriminologe mahnt wissenschaftliche Polizei-Studie an

Kriminologe mahnt wissenschaftliche Polizei-Studie an

Köln, Bochum (epd). Der Bochumer Kriminologe Tobias Singelnstein mahnt mit Blick auf Rechtsextremismus und Rassismus in der nordrhein-westfälischen Polizei eine wissenschaftliche Untersuchung an. "Dies wäre geradezu elementar", sagte der Professor der juristischen Fakultät der Ruhr-Universität am Montag im WDR5-"Morgenecho". Zwar sei es zu begrüßen, dass in der Politik nicht mehr von Einzelfällen gesprochen werde wie in den vergangenen Jahren. Aber es müssten auch die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden, die den strukturellen Charakter des Problems anerkennen, forderte der Wissenschaftler.

Die bislang vom NRW-Innenministerium vorgeschlagenen Schritte zur Untersuchung der rechtsextremen Chat-Gruppen vor allem in der Wache Mülheim an der Ruhr seien letztendlich sicherheitsbehördliche Instrumente, erläuterte Singelnstein. Diese seien nicht schlecht, aber zielten darauf ab, die einzelnen Fälle in ihrer Häufung aufzuklären und gegebenenfalls mittels Disziplinar- oder gar Strafverfahren zu einem Abschluss zu bringen.

Wichtig sei aber das Erkennen der strukturellen Problematik, betonte Singelnstein. "Dass man sich eben anschaut, welche Strukturen in der Polizei eigentlich dazu führen, dass rassistische oder rechtsextreme Einstellungen dort entstehen." Zudem seien bislang vorliegende Studien zu Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei überholt, stammten aus den 1990er Jahren und hätten nur kleinere Gruppen von Polizisten befragt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bleibt auch nach der Enttarnung einer rechtsextremen Chat-Gruppe in der nordrhein-westfälischen Polizei bei seiner Ablehnung einer wissenschaftlichen Untersuchung zu Extremismus bei der Polizei. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sieht eine solche Studie skeptisch.

Gegen 30 Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen wird derzeit ermittelt, weil sie in privaten WhatsApp-Chatgruppen rechtsextremistische Propaganda ausgetauscht haben sollen. Alle Beschuldigten sollen Beziehungen zur Polizeiwache Mülheim an der Ruhr haben.