Amoklauf an Schule: Polizei hätte Waffenschein entziehen müssen

Amoklauf an Schule: Polizei hätte Waffenschein entziehen müssen

Brüssel, Straßburg (epd). Im Fall eines Amoklaufes an einer Schule in Finnland hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) das Land verurteilt, weil das Verhalten der Polizei im Vorfeld der Tat das Recht auf Leben verletzt habe. Die lokale Polizeistation habe von problematischen Interneteinträgen des späteren Täters gewusst und ihm seine Feuerwaffe dennoch nicht entzogen, erklärte der EGMR am Donnerstag in Straßburg. Den Angehörigen der neun getöteten Schüler und eines Mitglieds des Lehrpersonals wurden Schadenersatz von jeweils 30.000 Euro oder 31.571,97 Euro sowie die Erstattung von Auslagen zuerkannt. (AZ: 62439/12)

Die Tat hatte sich laut EGMR am 23. September 2008 im finnischen Kauhajoki ereignet. Der Täter hatte seinen Waffenschein demnach einige Monate zuvor von der lokalen Polizeibehörde erhalten. Er veröffentlichte danach verschiedene auffällige Internetpostings, darunter einen Kommentar über einen Film zum berüchtigten Amoklauf an der Columbine High School 1999 in den USA, den er als "beste Unterhaltung überhaupt" beschrieb. Am Tag vor seiner Tat wurde er daraufhin von der lokalen Polizei befragt, um festzustellen, ob er eine Gefahr für die Gesellschaft darstelle, was der betreffende Polizist aber nicht so bewertete.

Nach Ansicht des EGMR hätte der Entzug der Waffe hingegen eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme dargestellt. Zugleich sah es das Gericht allerdings als nicht erwiesen an, dass die Polizei bereits auf eine von dem Täter ausgehende unmittelbare Gefahr hätte schließen können. Ihr sei daher auch kein Versäumnis vorzuwerfen, dass sie den Opfern und anderen Menschen in der Schule keinen persönlichen Schutz habe zukommen lassen.