UN-Expertin: Private Schiffe haben Zehntausende Menschen gerettet

UN-Expertin: Private Schiffe haben Zehntausende Menschen gerettet
Die UN-Organisation für Migration verlangt, staatliche Einschränkungen für private Seenotretter auf dem Mittelmeer zu beenden. Unterdessen steht die Crew der "Sea-Watch 4" vor ihrer ersten Mission - und stellt sich auf schwierige Bedingungen ein.

Frankfurt a.M., Genf (epd). Die private Seenotrettung im Mittelmeer ist nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) für viele Menschen überlebenswichtig. "Die privat betriebenen Schiffe haben Zehntausende Menschen gerettet", sagte die IOM-Sprecherin für Noteinsätze, Safa Msehli, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf.

Da derzeit keine staatlichen Rettungsmissionen existierten, seien die privaten Retter die einzige Hoffnung für schiffbrüchige Migranten und Flüchtlinge. Am Freitag liefen die letzten Vorbereitungen zum Auslaufen des aus kirchlichen Spenden mitfinanzierten deutschen Rettungsschiffs "Sea-Watch 4" aus dem spanischen Hafen Burriana.

"Sea-Watch 4"-Einsatzleiter Philipp Hahn sagte dem epd, er erwarte eine schwierige Mission. Die italienischen Behörden behinderten private Organisationen derzeit massiv bei ihren Einsätzen und hätten unter anderem die "Sea-Watch 3" mit der vorgeschobenen Begründung von technischen Mängeln festgesetzt. Hinzu komme die Corona-Pandemie. Es gelte, die Crew und die Geretteten vor Covid-19 zu schützen.

IOM-Sprecherin Msehli verlangte, alle staatlichen Einschränkungen und Behinderungen für die privaten Missionen aufzuheben, und wies die Kritik an den Rettern zurück. Ein sogenannter Pull-Faktor, wonach die Rettungsschiffe die Migranten anzögen, sei nicht belegbar. Auch in Zeiten, in denen keine privaten Retter auf dem Mittelmeer unterwegs sind, machten sich Migranten auf den Weg nach Europa.

Im laufenden Jahr sei ein deutlicher Anstieg der Mittelmeer-Überquerungen zu verzeichnen, hielt Msehli fest. Seit Januar hätten 16.840 Menschen Italien und Malta erreicht. In der Vergleichsperiode des Vorjahres seien nur 5.500 Menschen über den Seeweg nach Italien und Malta gekommen. Die meisten Flüchtlinge und Migranten besteigen nach ihren Angaben in Libyen die oft nicht seetauglichen Boote von Schleppern.

Die "Sea-Watch 4" wurde vom Bündnis "United4Rescue" finanziert, das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert wurde. Die Idee eines kirchlichen Seenotrettungsschiffs im Mittelmeer geht auf den evangelischen Kirchentag in Dortmund 2019 zurück. Im Januar ersteigerte das Bündnis das Schiff für 1,3 Millionen Euro, darunter 1,1 Millionen Euro Spendengelder des Bündnisses, dem mittlerweile mehr als 550 Organisationen und Unternehmen angehören. Im Februar wurde die "Sea-Watch 4" getauft und an die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch übergeben, die das Schiff im Auftrag des Bündnisses betreibt.

In einer Videobotschaft begründete der rheinische Präses Manfred Rekowski, Vorsitzender der EKD-Kammer für Migration und Integration, das unmittelbare Engagement der evangelischen Kirche in der Seenotrettung auf dem Mittelmeer mit einem Zitat aus dem jüdischen Schriftwerk Talmud. "Wer einen Menschen rettet, der rettet die Welt", heiße es dort.

epd her/kfr et