Versorgungskrise wegen Corona zwingt Kuba zu Öffnung der Wirtschaft

Versorgungskrise wegen Corona zwingt Kuba zu Öffnung der Wirtschaft

Frankfurt a.M., Havanna (epd). In Kuba hat die kommunistische Regierung angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs infolge der Corona-Pandemie Reformen in Angriff genommen, um Privatbetriebe zu stärken. Kleine und mittlere Unternehmen sollen künftig einen wesentlichen größeren Handlungsspielraum bekommen. "Wir können wirtschaftlich nicht weitermachen wie bisher, weil wir so nicht die nötigen Ergebnisse erzielen", erklärte Staatpräsident Miguel Díaz-Canel laut der Parteizeitung "Granma" vom Montag (Ortszeit). Am selben Tag wurden in dem Karibikstaat 72 Läden eröffnet, in denen Nahrungsmittel und andere lebenswichtige Güter in US-Dollar angeboten werden. Zugleich wird die zehnprozentige Steuer, die bislang auf die US-Währung bezahlt werden musste, nicht mehr erhoben.

Kuba steckt wegen Corona in einer Versorgungskrise. Der massive Einbruch des Tourismus hat zu einem eklatanten Mangel an Devisen geführt, weshalb die Importe eingeschränkt werden. Zudem haben das Wirtschaftsembargo der USA, das von US-Präsidenten Donald Trump mehrmals verschärft wurde, und die mangelnde Produktivität vieler staatlicher Betriebe die ökonomische Lage verschlechtert. Nach Schätzung der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (Cepal) wird die kubanische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um acht Prozent schrumpfen. Der Rückgang liegt damit im lateinamerikanischen Durchschnitt.

Die weitere Öffnung der kubanischen Wirtschaft für den privaten Sektor sei nicht kurzfristig improvisiert, sondern seit längerem entwickelt worden, teilte die Regierung mit. Kleine und mittlere Betrieb sollen künftig einen Rechtsstatus bekommen. Zudem dürfen sie mit staatlichen und internationalen Firmen kooperieren sowie im Import- und Export tätig werden. Auch in der Landwirtschaft will die Regierung den Spielraum für private Erzeuger stärken.

Im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Staaten konnte Kuba die Ausbreitung des Coronavirus wesentlich besser eindämmen. Laut der Johns Hopkins Universität wurden bis Dienstag 2.446 Infektionen und 87 Tote gezählt. Am Sonntag erlebte das Land mit elf Millionen Einwohnern nach offiziellen Angaben den ersten Tag seit Beginn der Pandemie, ohne dass eine Neuansteckung diagnostiziert wurde. Das kubanische Gesundheitssystem gilt in Lateinamerika als vorbildlich.