Innenministerium verteidigt Zusammenarbeit mit Zentralrat der Muslime

Innenministerium verteidigt Zusammenarbeit mit Zentralrat der Muslime

Berlin (epd). Das Bundesinnenministerium hat die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem Zentralrat der Muslime verteidigt. Eine Sprecherin teilte am Donnerstag in Berlin mit, für Minister Horst Seehofer (CSU) "ist es in gesellschafts- und integrationspolitischer Hinsicht unverzichtbar, zu den Religionsgemeinschaften in Deutschland gute Kontakte aufzubauen und zu pflegen". Die sei auch in Hinblick auf muslimische Religionsvertreter "geradezu ein Muss".

Union und Linke hatten zuvor die Zusammenarbeit der Regierung mit dem Zentralrat der Muslime kritisiert, nachdem der Verfassungsschutz in seinem aktuellen Bericht den dem Zentralrat angehörenden Verband Atib ("Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa") der türkisch-rechtsextremistischen Bewegung der Grauen Wölfe zugerechnet hat. Atib ist Gründungsmitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland.

Die Ministeriumssprecherin erklärte dazu, es sei "seit langem bekannt", dass zu den Mitgliedsvereinen des Zentralrats "in einem beträchtlichen Umfang" auch Organisationen gehörten, die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet werden. Dennoch sei der Zentralrat aufgrund der Vielfalt der Verbände unter seinem Dach Teil von Dialogformaten der Bundesregierung. Das Bundesinnenministerium verfolge zugleich die Entwicklung des Zentralrats und, "nicht ohne Sorge", auch die seiner Mitgliedsverbände. Es stehe zudem im laufenden Austausch mit dem Zentralrat der Muslime.

Das Ministerium stellte außerdem klar, dass Seehofer nicht die Schirmherrschaft für einen vom Zentralrat verliehenen Preis übernommen hat. Er habe in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des Zentralrats Anfang Juli 2020 lediglich eine Teilnahme des Ministeriums an der Verleihung des Marwa-El-Sherbini-Preises für Zivilcourage zugesagt. Die Preisträgerin ist Mevlüde Genc, die beim rechtsextremistisch motivierten Brandanschlag in Solingen 1993 fünf Familienmitglieder verloren hat. Sie wird für ihren Einsatz für Versöhnung und Verständigung geehrt.

Zur Einordnung der Atib erklärte das Ministerium in Übereinstimmung mit dem Verfassungsschutzbericht, der Verband sei der türkisch-rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung zuzurechnen, deren Ideologie eine "Überhöhung der türkischen Ethnie, Sprache, Kultur und Nation" zugrunde liege. Dies widerspreche der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands. Die als "Graue Wölfe" bezeichneten Anhänger der "Ülkücü"-Bewegung seien in Deutschland in der Regel "nach außen hin um ein friedliches und gesetzeskonformes Verhalten bemüht". Jedoch propagierten insbesondere über das Internet vernetzte Jugendliche teilweise ihren Rassismus offen und riefen zu Gewalt auf.