Grundrente: Nach langem Anlauf im Bundestag beschlossen

Grundrente: Nach langem Anlauf im Bundestag beschlossen
Die Grundrente kommt, aber Union und SPD mussten sich bis zum Schluss im Bundestag scharfe Kritik aus der Opposition anhören. Arbeitsminister Heil ist dennoch zufrieden, und auch die Union wollte die Rentner am Ende nicht enttäuschen.

Berlin (epd). Nach langem Ringen in der Koalition hat der Bundestag am Donnerstag die Einführung einer Grundrente beschlossen. Sie soll Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zufolge rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentnern mit geringen Bezügen zugutekommen, 70 Prozent von ihnen Frauen. Der SPD-Politiker nannte die Grundrente das "zentrale sozialpolitische Reformprojekt dieser Bundesregierung". Viele Menschen hätten lange darauf gewartet, sagte er in Berlin: "Es geht um den Wert der Arbeit, um die Anerkennung und den Respekt für tägliche Leistungen." Sozialverbände begrüßten die Verabschiedung.

FDP und AfD lehnten die Grundrente ab, Grüne und Linke enthielten sich bei der Verabschiedung der Stimme. Die Opposition kritisierte übereinstimmend, die Grundrente sei ungerecht, nicht zielgenau zur Bekämpfung von Altersarmut und viel zu kompliziert. Der FDP-Renten-Experte Johannes Vogel warf Heil vor, sein ursprüngliches Ziel, Kleinstrentner aus der Grundsicherung zu holen, verfehlt zu haben. Drei Viertel gingen leer aus, rechnete Vogel vor.

Die Grundrente werde viele Rentner enttäuschen, erklärten Redner aus allen Oppositionsfraktionen. Die rentenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Ulrike Schielke-Ziesing, sagte, niemand werde nachvollziehen können, warum und in welcher Höhe er den Zuschlag bekomme oder nicht bekomme.

Der Renten-Experte der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald, sagte an Heil gewandt, er habe sich ein gutes Gesetz von der Union zu einem "bürokratischen Monster" verunstalten lassen. Ursprünglich hätten drei Millionen Menschen profitieren sollen. Die Grundrente heiße zwar so, sei aber keine, bilanzierte Birkwald.

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Hermann Gröhe (CDU) verteidigte die Zustimmung der Union, obwohl Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seine Finanzierungszusagen nicht eingehalten hatte. "Ich hätte mir gewünscht, der Finanzminister hätte geliefert", sagte Gröhe: "Aber dafür machen wir nicht die Rentnerinnen und Rentner zu Leidtragenden." Es sei eine spürbare Unterstützung, wenn Menschen im Durchschnitt 900 bis 1.000 Euro im Jahr mehr hätten, "und das haben diese Menschen wahrlich verdient", sagte Gröhe.

Der Zuschlag auf die Altersrente soll Anfang nächsten Jahres eingeführt werden und von Mitte 2021 an rückwirkend an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt werden, die geringe Einkünfte haben. Sie müssen dafür keinen Antrag stellen, aber mindestens 33 Jahre lang Rentenbeiträge gezahlt haben. Ihre Alterseinkünfte dürfen nicht zu hoch sein. Alleinstehende Rentner erhalten die volle Grundrente bei 35 Beitragsjahren, wenn sie nicht mehr als 1.250 Euro haben, Paare bei Einkünften unter 1.950 Euro. Das wird jährlich geprüft durch einen Datenabgleich der Rentenversicherung mit den Finanzämtern. Die Einkommensprüfung war das zentrale Anliegen der Union. Sie hatte sie in langwierigen Auseinandersetzungen gegen Heil durchgesetzt.

Diakonie und Caritas würdigten die Grundrente als wichtigen Schritt gegen Altersarmut, auch, so Caritas-Präsident Peter Neher, wenn sie nicht alle Menschen erreiche, die von Armut bedroht sind. Sie stärke aber das Vertrauen in die Rentenversicherung und den Sozialstaat. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, erklärte: "Das Gesetz ist nicht perfekt, aber es ist richtig."

Die Ausgaben für die Grundrente von anfangs 1,4 Milliarden und später bis zu 1,6 Milliarden Euro pro Jahr werden aus dem Bundeshaushalt bezahlt. Ursprünglich hatte Finanzminister Scholz den Großteil aus einer EU-Finanztransaktionssteuer finanzieren wollen, die aber weiter auf Eis liegt. Das Grundrenten-Gesetz muss an diesem Freitag noch den Bundesrat passieren.