Forscher: Corona-Krise kann glücklicher machen

Forscher: Corona-Krise kann glücklicher machen
30.06.2020
epd
epd-Gespräch: Charlotte Morgenthal

Braunschweig (epd). Die Zeit der Corona-Krise bietet dem Braunschweiger Glücksforscher Tobias Rahm zufolge die Chance, glücklicher zu werden. Viele Menschen berichteten in dieser Zeit von Entschleunigung, sagte der Psychologe von der Technischen Universität Braunschweig dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese Zeit könnten sie beispielsweise zur Selbstreflexion nutzen, um das Leben nach wirklich wichtigen Dingen auszurichten. "Als Glücksforscher plädiere ich natürlich dafür, bei dieser Neuausrichtung nicht zu sehr in Richtung Geld und Karriere zu gucken, sondern mehr auf das eigene Wohlbefinden."

Die teils schwierigen Situationen und existenziellen Nöte von Menschen in der Krise, wie die Sorge um den Arbeitsplatz, sollten aber keinesfalls bagatellisiert werden, betonte Rahm. Diese Sorgen dürften nicht weggedrückt werden. Aber auch vor der Corona-Pandemie hätten die Menschen mit belastenden, schweren Situationen umgehen müssen. Zwar bringe diese Zeit massivere Unsicherheiten mit sich, sie könnte aber auch dazu genutzt werden, nachsichtiger mit eigenen Fehlern und auch toleranter und freundlicher mit anderen umzugehen.

Einen Einschnitt in das Glücksempfinden bedeuteten die derzeitigen Kontaktbeschränkungen beispielsweise zu älteren Familienmitgliedern, räumte der Wissenschaftler ein. "Ich glaube nicht, dass man das einfach und komplett kompensieren kann." Aber vielleicht ergebe sich zumindest die Möglichkeit, mehr zu telefonieren oder sich im Freien zu treffen. Körperkontakt, der für die Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin zuständig sei, fehle dennoch. Das Hormon sei wichtig für den Stressabbau aber auch für Bindungen und Zufriedenheit: "Dass wir weniger Händchen halten dürfen, ist schon doof."

Das Glücklichsein lässt sich nach Auffassung des Wissenschaftlers allerdings trainieren. Beispielsweise könnten die Menschen täglich eine "kleine, glückliche Viertelstunde" für sich einplanen, um sich bewusst positiven Emotionen zu widmen. "Ich kann ganz konkret sagen, ich gönne mir Zeit, um schöne Dinge zu erleben."

Eine tolle Übung sei auch, Freundlichkeit in die Welt zu geben, sagte Rahm. "Schauen Sie mal, was passiert, wenn Sie einen Tag lang besonders freundlich zu allen Mitmenschen sind und gucken Sie, was dabei zurückkommt." Dabei würden sich mit großer Sicherheit mehr nette Begegnungen und Gespräche ergeben. Das wiederum sorge für mehr Verbundenheitsgefühle und mache damit auch wieder glücklicher.

Der Braunschweiger Forscher arbeitet derzeit am Institut für Pädagogische Psychologie unter anderem an zwei Studien, die Wirkung und Wirkweisen von positiv-psychologischen Übungen und Inhalten untersuchen. "Spannend dürfte hierbei auch sein, ob sich in den längsschnittlichen Daten Verbindungen zur Corona-Zeit und speziell zu Lockerungsmaßnahmen finden lassen". Mit Ergebnissen sei allerdings erst im Herbst zu rechnen.