Laschet: Kein Lockdown für Kreis Gütersloh

Laschet: Kein Lockdown für Kreis Gütersloh
Über 1.300 Beschäftigte bei Tönnies mit Coronavirus infiziert - Heil dringt auf schnelle Schritte zum Schutz der Fleischarbeiter
Ein Lockdown für den Kreis Gütersloh ist vorerst abgewendet - trotz steigender Zahl von Corona-Infektionen unter Beschäftigten einer Großschlachterei in der Region. Arbeitsminister Heil will nun zügig eine Verschärfung der Kontrollen in der Branche.

Gütersloh/Düsseldorf (epd). Nach dem massiven Corona-Ausbruch bleibt die Großschlachterei Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück bis 2. Juli geschlossen. Der zuständige Kreis Gütersloh stellte am Wochenende die 7.000 Beschäftigten und das Management per Verordnung unter Quarantäne. Die Landesregierung entschied sich am Sonntag aber gegen einen Lockdown und damit das massive Runterfahren des öffentlichen Lebens für die ganze Region. Er könne aber einen Lockdown nicht ausschließen, wenn es zu einer höheren Zahl an Infizierten kommen werde, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Gütersloh.

Bis Sonntagnachmittag wurden nach Behördenangaben rund 1.330 Beschäftige vor allem aus Osteuropa positiv auf das Coronavirus getestet. Mehrheitlich betroffen sind demnach Beschäftigte im Betriebsteil der Fleischzerlegung. Eine Ausbreitung auf die Bevölkerung im Kreis konnte bislang verhindert werden, wie es hieß.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dringt derweil auf schnelle Schritte zum Schutz der Beschäftigten in der Fleischbranche. "Wir wollen die Kontrollen weiter verschärfen, noch bevor das neue Gesetz zur Arbeitssicherheit in der Fleischindustrie da ist", sagte Heil dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Samstag).

Der Arbeitsminister bekräftigte: "Wir machen mit dem Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der Fleischindustrie auf jeden Fall ernst - ganz egal, welche Anstrengungen milliardenschwere Unternehmen auch in die Wege leiten, um dieses Vorhaben zu torpedieren." Mehrere Ministerien arbeiteten daran, das Verbot rechtssicher zu machen. "Im Sommer werde ich den Gesetzentwurf vorlegen", versprach Heil.

Der nordrhein-westfälische Gesundheits- und Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte, er sei es leid, auf freiwillige Vereinbarungen der Unternehmen zu setzen. Es gehe nicht darum, Fleischbetriebe zu schließen, sondern auf dem gesetzlichen Weg vernünftige Arbeitsbedingungen in der Branche zu schaffen.

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach sich für konsequentes Handeln aus. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei ein hohes Gut, sagte Altmaier im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "Und ich möchte, dass das Vertrauen an Lebensmitteln und an Fleisch 'made in Germany' erhalten bleibt."

Das bedeute, "dass wir auch dafür sorgen, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden und dass die Missstände abgestellt werden, indem man entsprechende Veränderungen trifft", erklärte der Wirtschaftsminister. Das gelte nicht nur für die Werkverträge mit osteuropäischen Arbeitnehmern, sondern auch für die Unterbringung und die Arbeitsbedingungen konkret vor Ort.

Der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach sich für ein Boykott von Tönnies-Produkten aus. "Es ist an der Zeit, dass die großen Supermarktketten sich nicht länger mitschuldig machen", sagte Hofreiter der "Bild am Sonntag". "Sie sollten Tönnies-Produkte aus ihrem Angebot nehmen."

Laut NRW-Ministerpräsident Laschet zeigt sich das Tönnies-Unternehmen kooperativ, das Infektionsgeschehen in Kreis unter Kontrolle zu halten. Im Kreis Gütersloh sind derzeit 32 mobile Teams in den umliegenden Städten und Gemeinden unterwegs, um in Unterkünften und angemieteten Wohnungen die ausländischen Arbeitskräfte mit Werksverträgen in gesundheitlichen Fragen zu beraten und Unterstützung anzubieten. Um sprachliche Hürden zu überwinden, sollen Dolmetscher eingeflogen werden.

Laschet bat auch die negativ getesteten ausländischen Beschäftigten, die Quarantäneregeln einzuhalten und nicht in ihre Heimat zurückzukehren. In einer Sitzung der Landesregierung sei am Sonntagmittag mit den Konsuln aus Polen, Rumänien und Bulgarien über Präventionsmaßnahmen in den Ländern beraten worden.