Schwesig kündigt Initiative zu härteren Strafen bei Missbrauch an

Schwesig kündigt Initiative zu härteren Strafen bei Missbrauch an
Höhere Strafandrohungen bei Kindesmissbrauch sollen Minderjährige besser schützen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig kündigte dazu eine Bundesratsinitiative an. Strafen allein aber reichen nicht.

Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Missbrauchsskandal von Münster kommen Maßnahmen zur Strafverschärfung in Fahrt. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kündigte am Wochenende eine Bundesratsinitiative dazu an. Mecklenburg-Vorpommern werde "einen Antrag beim nächsten Bundesrat einbringen", sagte sie der "Bild am Sonntag". Jeder Missbrauch müsse grundsätzlich als Verbrechen geahndet werden. Damit würde die Mindeststrafe automatisch ein Jahr Haft betragen.

"Auch bei Kinderpornografie muss ein höheres Strafmaß als bisher gelten", betonte Schwesig, "denn hinter den Bildern und Videos steht reale und brutale Gewalt gegen ein Kind." Schwesig forderte weniger Bewährungsstrafen und mehr Sicherheit vor Wiederholungstätern. "Es kann nicht sein, dass es immer wieder Täter gibt, die bereits wegen Kindesmissbrauch vorbestraft sind und dann erneut ein Kind Opfer wird", sagte sie.

Am Donnerstag hatte auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ihre bisherige ablehnende Position gegen eine Strafrechtsverschärfung aufgegeben und erklärt, auch Fälle, die nicht mit körperlicher sexueller Gewalt und Misshandlungen einhergehen, müssten als Verbrechen eingestuft werden. Sie gab damit auch dem Druck von Unionspolitikern nach. Ihr Ministerium kündigte einen baldigen Entwurf an.

Die Fach- und Beratungsstelle Zartbitter erhofft sich von einer Strafrechtsverschärfung eine starke Wirkung. Sie sei "absolut erleichtert", dass diese Form der sexuellen Gewalt nicht länger nur als Vergehen, sondern als Verbrechen bewertet werden solle, sagte die Geschäftsführerin der Beratungsstelle in Köln, Ursula Enders, dem epd. Insbesondere die Verbreitung kinderpornografischen Materials unter Schülern kann ihrer Einschätzung nach eingedämmt werden, aber auch erwachsene Täter würden bei einer Strafrechtsverschärfung deutliche Konsequenzen spüren.

Enders forderte, zugleich das Angebot niedrigschwelliger Fach- und Beratungsstellen in Deutschland deutlich auszubauen. Menschen, die auch nur die Vermutung missbräuchlichen Verhaltens hätten, bräuchten eine ortsnahe Anlaufstelle. An sie könnten sich besorgte Personen wenden, die den Weg zur Polizei oder zum Jugendamt scheuten.

Auch die Schutzorganisation für Kriminalitätsopfer "Weißer Ring" fordert von der Politik, sich noch stärker für den Schutz von Kindern zu engagieren. Höhere Strafen reichten nicht. "Eine präventive Wirkung geht von höheren Strafandrohungen meist nicht aus", sagte der Bundesvorsitzende des "Weißen Rings", Jörg Ziercke, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Samstag). "Deshalb muss die Politik der Prävention von Kindesmissbrauch eine viel höhere Aufmerksamkeit widmen", ergänzte der frühere Chef des Bundeskriminalamts (BKA).

Notwendig wäre eine personelle Verstärkung von Justiz und Polizei auf Landesebene. "Die Politik müsste in jedem Bundesland eine Landeszentralstelle Kindeswohl einrichten", regte Ziercke an. "Dort sollte psychologisch geschultes Personal Informationen über Kindesgefährdungen entgegennehmen und ein Team von Mitarbeitern der Gesundheitsämter, von Kinderärzten, Therapieexperten, Staatsanwälten und Kriminalbeamten diese Informationen bewerten."

epd svo