Seehofer und BKA besorgt über Drohbriefe wegen Corona

Seehofer und BKA besorgt über Drohbriefe wegen Corona
Lambrecht fordert strafrechtliche Konsequenzen
Die politisch motivierte Kriminalität hat 2019 den zweithöchsten Stand erreicht. Größte Gefahr sei der Rechtsextremismus, betonte Innenminister Seehofer. Ihm und dem BKA machen aber auch Extremisten bei den Corona-Protesten Sorgen.

Berlin (epd). Drohungen gegen Politiker und Wissenschaftler im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie alarmieren das Bundeskriminalamt und die Bundesregierung. "Wir nehmen das äußerst ernst", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch bei der Vorstellung der Statistik der politisch motivierten Kriminalität 2019. BKA-Präsident Holger Münch sagte, es gebe mehrere Drohbriefserien, die sich die Behörden sorgsam anschauen würden. Von einer unmittelbaren Gefahr für die Adressaten gehen sie nach seinen Worten nicht aus. Die Situation bereite aber Sorge.

Der SPD-Politiker Karl Lauterbach hatte auf Twitter ein Drohschreiben öffentlich gemacht, dem laut einem dazu veröffentlichten Foto ein Röhrchen mit einer Flüssigkeit beigefügt war. Der Berliner Virologe Christian Drosten, der bereits von Morddrohungen gegen sich berichtete, erklärte auf Twitter, er habe das gleiche Paket bekommen. "Diese Drohungen sind unerträgliche Attacken auf die Wissenschaft, deren Forschung Leben rettet", erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Taten müssten strafrechtliche Konsequenzen haben.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der Thüringer Ressortchef Georg Maier (SPD), sagte, bei den Corona-Protesten finde eine Entgrenzung von Extremismus und der Mitte der Gesellschaft statt. Das sei problematisch. Rechtsextremismus wird nach seinen Worten ein Schwerpunktthema bei der nächsten Innenministerkonferenz sein.

Seehofer stellte gemeinsam mit Münch und Maier die Statistiken zur allgemeinen Kriminalität und die über politisch motivierte Straftaten vor. Die politisch motivierte Kriminalität hat Seehofer zufolge 2019 den zweithöchsten Stand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001 erreicht. Nur 2016, dem Jahr nach der großen Fluchtbewegung, hatte es demnach noch mehr politisch motivierte Taten gegeben. Im vergangenen Jahr zählten die Behörden insgesamt 41.177 Straftaten (2018: 36.062, 2016: 41.549).

Die Fälle politisch motivierter Gewalt gingen parallel um fast 16 Prozent auf 2.832 Fälle zurück. Dies bezeichnete Seehofer zwar als gute Nachricht, mahnte zugleich aber vor allem weitere Wachsamkeit gegen Rechtsextremismus an. Dieser sei nach wie vor die "größte Bedrohung", sagte Seehofer.

Sogenannte Hasskriminalität, also Taten, die sich gegen bestimmte Minderheitengruppen richten, nahm 2019 zu. 8.585 Straftaten wurden in diesem Bereich gemeldet, davon 7.909 aus fremdenfeindlichen Motiven. Einen starken Anstieg um 13 Prozent gab es auch bei der Zahl antisemitischer Straftaten, die sich auf mehr als 2.000 summierten. Islamfeindliche Straftaten nahmen um gut vier Prozent zu - auf 950 Fälle. In beiden Kategorien sind die Täter den Angaben zufolge in der überwiegenden Mehrheit der Fälle Rechtsextremisten. In der 2019 neu eingeführten Kategorie der Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger wurden 1.674 Fälle erfasst.

"Auf dem wachsenden Rechtsextremismus muss das besondere Augenmerk liegen", erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Die Amadeu Antonio Stiftung forderte, die Maßnahmen zur Strafverfolgung zu verbessern, etwa durch Schwerpunktstaatsanwaltschaften und die Schulung von Polizisten und Juristinnen.

epd co