Deutsche Geschlechterquote für Führungskräfte wenig wirksam

Deutsche Geschlechterquote für Führungskräfte wenig wirksam
Bundesrepublik ist Schlusslicht im Ranking von zehn europäischen Ländern
Bei der "Frauenquote" ist Deutschland europäisches Schlusslicht. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die Regeln in Deutschland eher schwach. Eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung benennt Ansatzpunkte für mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Düsseldorf (epd). Die Regeln für Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmensspitzen sind in Deutschland vergleichsweise schwach. Unter den zehn europäischen Ländern, die eine Quote für Frauen in Führungspositionen besitzen, schneidet Deutschland laut einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung am schwächsten ab.

Bei einem Index von 0,5 bis 5 erreichte Deutschland der Analyse zufolge lediglich einen Wert von 1,84. Die wirksamsten Regelungen hatte Norwegen mit einem Wert von 4,1. Es folgten Italien (3,8), Portugal (3,1), Spanien (3,1), Belgien (2,9), Frankreich (2,6), Island (2,4), Österreich (2,1) und die Niederlande (2,1). Der Index bemisst sich an der Höhe der Quote, ihrem Geltungsbereich und den Konsequenzen bei einer Missachtung der Regeln, dem Einführungsdatum und der Übergangsfrist.

Für Deutschland gibt es den Angaben zufolge Abstriche, weil die deutsche Quote mit 30 Prozent niedriger ist als in anderen Ländern (33 bis 40 Prozent). Sie gilt nicht für Vorstandsposten und betrifft lediglich 107 Unternehmen, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch mitbestimmt sind.

Die deutsche Position im Ranking könnte sich den Studienautorinnen und -autoren zufolge verbessern, wenn der Geltungsbereich der Geschlechterquote ausgeweitet würde. Sie schlagen vor, die Quotenpflicht auf alle börsennotierten und staatlich kontrollierten Unternehmen auszudehnen. Damit könne die Reichweite von derzeit 107 Unternehmen auf etwa tausend erhöht werden. Zudem könnten die Quote auf die Besetzung von Vorständen ausgeweitet und Sanktionen für ein Missachten der Regeln verschärft werden.

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt der Anteil von Frauen an der Spitze privatwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland seit 2016 unverändert bei 26 Prozent, auf der zweiten Führungsebene bei 40 Prozent. Bundesweit sind 44 Prozent aller Beschäftigten Frauen. In Ostdeutschland sind die Werte etwas höher als im Westen der Bundesrepublik. Die aktuelle Frauenquote gilt in Deutschland seit 2016.

Zehn Staaten in Europa verfolgen das Ziel der Geschlechterdiversität der Böckler-Analyse zufolge nicht mit politischen Mitteln, darunter acht osteuropäische EU-Mitglieder sowie Zypern und Malta. Elf weitere beließen es bei rechtlich unverbindlichen Empfehlungen, etwa die Türkei, Rumänien, Polen, Großbritannien, Griechenland, Schweden, Irland und Dänemark.

Der Ländervergleich basiert der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung zufolge auf einer Auswertung verschiedener Reports über Geschlechterquoten, etwa von der Arbeiterkammer Wien, dem Deloitte Global Center for Corporate Governance, der ehemaligen EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.