Missbrauchs-Prozess: Logopäde muss mehr als elf Jahre in Haft

Missbrauchs-Prozess: Logopäde muss mehr als elf Jahre in Haft
Am Montag fiel das Urteil im Würzburger Logopäden-Prozess: Wegen vielfachen sexuellen Missbrauchs an Kindern muss der Angeklagte eine mehr als elfjährige Freiheitsstrafe verbüßen.

Würzburg (epd). Im Würzburger Logopäden-Prozess hat das Landgericht Würzburg am Montag den Logopäden Oliver H. wegen 64-fachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und vier Monaten verurteilt. Es verhängte gegen den 38-Jährigen ein lebenslanges Berufsverbot.

Der Richter blieb damit unter dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die 13 Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe und ein lebenslanges Berufsverbot gefordert hatte. Die Verteidigung bezeichnete in ihren Plädoyers eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und acht Monaten für angemessen. Sie plädierte gegen ein Berufsverbot.

Der Verurteilte habe hinter einer angenehmen Fassade die ihm anvertrauten "kleinen Patienten benutzt und bloßgestellt", erklärte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung laut Gerichtssprecher. Er habe mit seinen Taten bewusst seine bürgerliche Existenz aufs Spiel gesetzt. Es habe Oliver H. "Pluspunkte gekostet", dass er im Laufe des Prozesses keine echte Schuldeinsicht, kein echtes Bedauern gezeigt und nicht wirklich Verantwortung für seine Taten übernommen habe.

Ergriffen sei der Verurteilte vor allem dann gewesen, wenn es um die Auswirkungen der Taten auf ihn selbst gegangen sei, hieß es weiter. Zu seinen Lasten wertete das Gericht auch die Vielzahl der Taten, den hiermit verbundenen Vertrauensmissbrauch und die Tatfolgen für die betroffenen Kinder und deren Familien. Der Angeklagte habe "ganze Familien quasi pulverisiert".

Der geständige Mann stand seit Anfang März vor Gericht. Die Taten hat er laut der Ermittlungen zwischen 2012 und 2019 begangen. Er hatte sich unter anderem in zwei evangelischen Kitas an sieben teils schwerbehinderten Jungen zwischen zwei und sechs Jahren vergangen. Von seinen Taten fertigte Tausende Dateien pornografischer Bilder und Videos an, die er über das sogenannte Darknet verbreitete. Infolge der Ermittlungen machten die Behörden weitere Tatverdächtige in ganz Europa ausfindig.

Der Mann war Ende März 2019 nach der Durchsuchung seiner Wohnung und Praxen festgenommen worden. Bis zu seiner Verhaftung und dem Bekanntwerden der Vorwürfe war er ein gefragter Therapeut. Sein Mann wusste von den Taten des Angeklagten laut den Ermittlungen nichts. Die zunächst auch gegen den Partner geführten Ermittlungen wurden eingestellt. Dieser war stellvertretender Leiter einer integrativen Würzburger Kita, die einer der Tatorte war.

Nach den Plädoyers vor Gericht hatte Oliver H. am Montag das letzte Wort und erklärte, dass er seine Taten bereue. Ihm tue sein egoistisches Verhalten leid, sagte der Logopäde, wie ein Gerichtssprecher nach den nichtöffentlichen Plädoyers mitteilte. Er habe sich deshalb im Prozess für seine Taten bislang nicht ausdrücklich entschuldigt, da es keine Entschuldigung für diese Taten gebe, sagte er. Er sei sich seiner Schuld und des Schadens bewusst, den er für die Kinder, deren Angehörige, seine Mitarbeiter, seinen Ehemann und auch seine Pflegekinder verursacht habe.

Viele Teile des Prozess fanden unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Grund dafür war der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.