Diakonie: Corona-Maßnahmen sind Katastrophe für Prostituierte

Diakonie: Corona-Maßnahmen sind Katastrophe für Prostituierte
10.05.2020
epd
epd-Gespräch: Leonie Mielke

Mannheim (epd). Für Frauen in der Armutsprostitution ist die Corona-Krise nach Angaben einer Beratungsstelle eine Katastrophe. "Je länger sie anhält, desto mehr verschärft sich die Situation für die Frauen", sagte Julia Wege von der Mannheimer Prostituierten-Beratungsstelle "Amalie" dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wegen des corona-bedingten Prostitutionsverbots hätten die Frauen kein Einkommen mehr und wegen der geschlossenen Bordelle oft auch keinen Wohnsitz. "Viele dachten, die Maßnahmen halten nur kurz an, dann können sie weitermachen", erläuterte Wege. Jetzt seien sie perspektivlos.

Derzeit betreue die Beratungsstelle der Diakonie Mannheim 30 Frauen, die wegen der Corona-Krise in akuter Not sind. "Sie sind mittellos, kommen überwiegend aus Osteuropa und haben meist keinen Kontakt zu Familienangehörigen", berichtete Wege. Viele seien bei Freundinnen oder Kolleginnen untergekommen, einige lebten aber auch bei Freiern oder in Bordellen. Ihre Notlage werde oft ausgenutzt. Gerade arbeite sie daran, eine Mutter mit Kind unterzubringen. Eine andere Frau sei schwanger, habe aber keine Krankenversicherung.

In den vergangenen Wochen hat Wege zusammen mit ihrem Team sieben Frauen geholfen, Anträge auf Soforthilfe zu stellen, 18 Frauen bekämen Unterstützung aus einem speziellen Corona-Fonds der Diakonie Baden. Wege geht davon aus, dass zumindest einige Frauen illegal weiterarbeiten. "Die Nachfrage nach Sex ist weiterhin da, und Frauen in großer Geldnot werden die Freier nicht ablehnen", sagte die Sozialarbeiterin. Das Risiko einer Corona-Infektion ignorierten sie.

"Viele der Frauen achten auch sonst leider wenig auf ihre Gesundheit", beklagte Wege. Sie benutzten beispielsweise keine Kondome, weil Freier dafür mehr Geld bezahlen, oder nähmen Medikamente falsch ein. Trotzdem hofft Wege, dass die erzwungene Auszeit in der Corona-Krise für einige Prostituierte auch eine Chance sein kann: "Zeit, das eigene Tun zu hinterfragen und neue Perspektiven zu suchen."