Berlin (epd). Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, fordert eine Bundestagsdebatte zur Frage, nach welchen Kriterien bei begrenzten Kapazitäten in den Krankenhäusern entschieden werden soll, welche Covid-19-Patienten weiter behandelt werden. "Das Thema ist so wichtig, dass sich der Bundestag damit beschäftigen muss", sagte Dusel den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). "Ärztinnen und Ärzte brauchen eine Guideline", forderte Dusel: "Wir können solche Entscheidungen nicht an die Wissenschaft delegieren."
Der Deutsche Ethikrat hatte im März in einer Stellungnahme zur Corona-Pandemie betont, dass der Staat keine Handlungsmaxime für die sogenannte Triage vorgeben sollte. "Der Staat darf menschliches Leben nicht bewerten, und er darf deshalb auch nicht vorschreiben, welches Leben in einer Konfliktsituation vorrangig zu retten ist", heißt es darin. Das Gremium verwies auf die Verantwortung von Fachgesellschaften, deren Empfehlungen kontrovers diskutiert werden.
Dusel verlangte eine Klarstellung zur Empfehlung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. "Ich habe die Sorge, dass in der Notsituation, die entsteht, wenn über die Verteilung von Ressourcen entschieden werden muss, dieses Papier falsch ausgelegt wird", sagte der Behindertenbeauftragte. Viele Behinderungen gingen einher mit Vorerkrankungen. Das dürfe nicht heißen, dass deshalb nicht behandelt wird. "Es muss ganz klar werden, dass der Zustand vor der Akuterkrankung der Maßstab sein muss, wenn es wirklich dazu kommt, dass Erfolgsaussichten einer Therapie gegeneinander abgewogen werden müssen", sagte Dusel.
epd kfr