Carolin Emcke fordert Lockerung von Demonstrationsverbot

Carolin Emcke fordert Lockerung von Demonstrationsverbot

Berlin (epd). Die Berliner Publizistin Carolin Emcke fordert bei einer möglichen Lockerung des Kontaktverbots auch ein Ende des Demonstrationsverbots. "Wenn nun Kriterien erörtert werden, die eine schrittweise Renormalisierung erlauben sollen, dann können wir nicht nur über die Bedingungen reden, unter denen Kneipen oder Schulen oder Theater wieder geöffnet werden dürfen", sagte Emcke dem Berliner "Tagesspiegel" (Dienstag). Es müsse auch um Demonstrationen gehen. "Das ist ein existenzielles Grundrecht der Demokratie", betonte die Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2016.

Kritik äußerte die 52-Jährige auch an einer diskutierten "Hierarchisierung der Bevölkerung in Jüngere, Fittere und Ältere beziehungsweise Vorerkrankte". Emcke betonte: "Die einen sollen wieder arbeiten und die Wirtschaft auf Trab bringen, während andere weiter isoliert leben müssen? Normalität nur für einige, aber nicht für alle" - das wäre entmündigend und stigmatisierend.

Mit Blick auf die Diskussion, welche Berufe in einer Krise systemrelevant seien, erklärte die Autorin zudem: "Kultur braucht es zum Überleben, sie ist unverzichtbar." Sie verwies darauf, dass derzeit Tausende Zuhörer jeden Abend etwa Konzerte des Pianisten Igor Levit auf Twitter verfolgten. Die Zugriffszahlen auf die Archivstreams der Theater seien ebenfalls spektakulär. Um Kultur im Internet anzubieten, verausgabten sich derzeit viele Kreative, "von Entschleunigung keine Spur", sagte Emcke: "Niemand wird nach der Krise behaupten können, es ginge ohne Kunst oder Kultur oder ernsthaften Journalismus."