NRW-Corona-Expertenrat spricht sich für schrittweise Rückkehr aus

NRW-Corona-Expertenrat spricht sich für schrittweise Rückkehr aus

Düsseldorf (epd). Der nordrhein-westfälische Expertenrat Corona spricht sich für eine verantwortungsvolle, schrittweise Öffnung des sozialen und öffentlichen Lebens aus. Unter der Voraussetzung, dass das Gesundheitssystem mit dem Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie absehbar nicht überfordert und ein besseres Monitoring der Krise möglich ist, könne ein Weg darin bestehen, einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens nach und nach wieder zuzulassen und Eindämmungsmaßnahmen differenzierter zu steuern, heißt es in dem Bericht "Weg in eine verantwortungsvolle Normalität", der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

An den Beratungen des Expertenrats hatten dem Bericht zufolge auch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und sein Stellvertreter Joachim Stamp (FDP) teilgenommen. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" darüber berichtet. Zu den Mitgliedern des Expertenrats, der Anfang des Monats von der Landesregierung einberufen worden war, gehören der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio, die Demoskopin Renate Köcher, der frühere Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen" Christoph Schmidt und der Bonner Virologe Hendrik Streeck.

In dem Papier beschreibt das zwölfköpfige Gremium, dass sich die Rückkehr in die Normalität als ein Prozess ohne einen festen Zeitplan gestalten werde, sich tastend fortbewege und ein lernendes System sei, hieß es. "Die schrittweise Öffnung des Lockdowns wird absehbar deutlich schwieriger werden als das abrupte Herunterfahren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens."

Bildungseinrichtungen sollten so schnell wie möglich schrittweise wieder öffnen, "in verantwortbarem Umfang und unter Einhaltung hoher Schutzstandards", heißt es. Dadurch könnten neben der Gewährung des Grundrechts von Kindern auf Bildung auch viele soziale Risiken vermindert werden, etwa durch die Essensversorgung und die Schaffung strukturierter Tagesabläufe. Bei den Hochschulen sei, wo immer möglich, weiter auf digitale Lehrveranstaltungen zu setzen. Konzerte und Theater könnten gegebenenfalls mit Abstandsregeln und begrenzter Besucherzahl stattfinden.

Die Experten plädieren begleitend für eine Ausweitung wissenschaftlicher Studien zum Coronavirus sowie die Entwicklung und den Ausbau weiterer Testverfahren. Als Zielmarke werden bis zu 500.000 Tests pro Tag genannt. Neben Symptomträgern und Kontaktpersonen sollten Beschäftigte in besonders gefährdeten Berufen und Bewohner etwa von Alters- und Pflegeheimen in kurzen Abständen und regelmäßig getestet werden. Auch datenschutzkonforme digitale Lösungen wie spezielle Handy-Apps nennt der Bericht als ein Erfordernis, um Infektionsketten möglichst lückenlos zurückverfolgen zu können.

Für die Wirtschaft stellen die Fachleute aus NRW Reihenfolgen auf. Läden sollen früher öffnen als Discos, in Restaurants sollen Tische weit auseinander stehen, und nur wenige Gäste zugelassen werden. Fußballspiele, Messen und Kongresse müssten dagegen noch länger verboten bleiben.

Zur Begründung ihrer Strategie des schrittweisen Ausstiegs schreiben die Fachleute, die sozialen und gesellschaftlichen Schäden der gegenwärtigen Einschränkungen seien extrem groß. Eine drohende gesellschaftliche Polarisierung müsse abgewendet werden. Die wirtschaftlichen Kosten seien enorm. Die Experten warnen allerdings vor verfrühtem Optimismus. "Es wird Rückschritte geben", schreiben sie. "Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederholt mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen konfrontiert werden."