Experte: Wald muss sich über längeren Zeitraum selbst erholen

Experte: Wald muss sich über längeren Zeitraum selbst erholen

Berlin (epd). Angesichts der zunehmenden Waldschäden in Deutschland mahnen Naturschützer grundlegende Änderungen in der Forstwirtschaft an. Der Leiter des Bundesarbeitskreises Wald des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Jörg Nitsch, sagte am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst, es brauche mehr Dauerwald mit Bäumen verschiedenen Alters und einem deutlich höheren Anteil an Totholz, das Platz für Tiere und Pilze biete. Über eine längere Zeitspanne könne der Wald sich selbst erholen - vorausgesetzt der Wildbestand, beispielsweise Rehe, werde stärker bejagt und schrumpfe. "Wald geht vor Wild", betonte Nitsch. Die große Population dieser Tiere führe dazu, dass nachwachsende Bäume häufig weggefressen würden.

In der vor wenigen Tagen veröffentlichten Waldzustandserhebung 2019 heißt es, dass im Durchschnitt aller Baumarten "der Kronenzustand noch nie so schlecht" war wie im vergangenen Jahr. Anhaltende Dürren hätten 2018 und 2019 verbreitet zum vorzeitigen Abfallen der Blätter geführt. Bei der Fichte hätten sie die weitere Massenvermehrung von Borkenkäfern begünstigt. Ein Absterben von Bäumen sei verstärkt beobachtet worden.

Nitsch warnte davor, als Reaktion darauf großflächig fremdländische Baumarten wie Roteiche, Douglasie oder Küstentanne anzupflanzen. Vielmehr setze er auf die Selbstheilungskräfte der Wälder. Dafür müsse aber die wirtschaftliche Nutzung reduziert und auf heimische Baumarten wie Eiche und Buche gesetzt werden. Die seien in der Forstwirtschaft jedoch nicht so beliebt wie schnell wachsende Nadelwälder, die wiederum in höhere Lagen gehörten und völlig falsch seien für den Großteil der Flächen in Deutschland. Reduziert würden Schäden nur, wenn die Wälder sozusagen geschlossen seien: Ein geschlossenes Kronendach sorge dafür, dass das Innenklima des Waldes kühler und feuchter bleibe. Das brauche Zeit. "Im Wald geht nichts schnell", betonte er.

In Deutschland ist ein Drittel der Landesfläche (11,4 Millionen Hektar) mit Wald bedeckt. Die häufigsten Baumarten sind Nadelbäume wie Fichte (25 Prozent) und Kiefer (23 Prozent). Erst dann folgen die Laubbäume Buche (16 Prozent) und Eiche (11 Prozent). Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht nach Angaben einer Sprecherin angesichts der Schäden der vergangenen zwei Jahre sowie der erwarteten Schäden für das laufende Jahr davon aus, dass eine Fläche von 245.000 Hektar wiederbewaldet werden muss - das entspricht fast der Fläche des Saarlands.