AfD-"Flügel" für Verfassungsschutz "erwiesen rechtsextremistisch"

AfD-"Flügel" für Verfassungsschutz "erwiesen rechtsextremistisch"
"Erwiesen rechtsextremistisch" lautet das Urteil des Verfassungsschutzes über das AfD-Netzwerk "Der Flügel". Die Behörde will Vertreter künftig beobachten. Präsident Haldenwang nutzt deutliche Worte über die "Flügel"-Repräsentanten Höcke und Kalbitz.

Berlin (epd). Die AfD-Gruppierung "Der Flügel" um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke ist in den Augen des Verfassungsschutzes eindeutig rechtsextremistisch. Das parteiinterne Netzwerk sei als "erwiesen rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft worden, teilte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, am Donnerstag in Berlin mit. Seine Behörde schätzt die Mitgliederzahl der Gruppe auf 7.000 - um soviel Personen erhöhte der Verfassungsschutz auch seine Schätzung für das Potenzial der Szene. 32.000 Menschen in Deutschland gelten damit als Teil der rechtsextremen Szene, 13.000 von ihnen als gewaltorientiert.

Haldenwang begründete die Hochstufung des "Flügels", der seit Anfang 2019 als Verdachtsfall behandelt wurde, unter anderem mit fortlaufend neuen Verstößen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und das Prinzip der Menschenwürde im Grundgesetz. Minderheiten würden von Vertretern des "Flügels" pauschal ausgegrenzt und herabgewürdigt, der Parlamentarismus verächtlich gemacht, erklärte der Leiter der Abteilung Rechtsextremismus, Joachim Seeger.

Haldenwang begründete die neue Einstufung auch mit einer gestiegenen Bedeutung zentraler Figuren des "Flügels", darunter Höcke und der Brandenburger AfD-Politiker Andreas Kalbitz. "Beide Personen sind Rechtsextremisten", sagte Haldenwang.

Die Einstufung als extremistische Bestrebung ermöglicht dem Verfassungsschutz nun, Personen mit nachrichtendienstlichen Mitteln, etwa Observationen und Telefonüberwachungen, zu beobachten. Ob davon auch Abgeordnete wie Höcke und Kalbitz selbst betroffen sind, wollte Haldenwang nicht sagen. Für die Beobachtung von Parlamentariern gelten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts besondere Hürden.

Die "Junge Alternative", die vom Verfassungsschutz ebenfalls geprüft wurde, ist Haldenwang zufolge nicht hochgestuft worden. Für eine Einstufung als rechtsextremistische Bestrebung fehlten noch "weitere verdichtende Anhaltspunkte", die beim "Flügel" gegeben seien, sagte er. Die Beobachtung gilt auch nicht für die Gesamtpartei.

Haldenwang schloss sich der Aussage von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an, wonach der Rechtsextremismus derzeit die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland sei. "Wir wissen aus der deutschen Geschichte, dass Rechtsextremismus nicht nur Menschenleben, sondern auch eine Demokratie zerstört hat", sagte er. Er verwies auf verstärkte Anstrengungen seiner Behörde und deutete an, dass auf das Verbot der Vereinigung "Combat 18" weitere Verbote folgen könnten.

Um die Bekämpfung von Rechtsextremismus ging es am Donnerstag auch im Bundestag. Die große Koalition brachte dort ihr Gesetzpaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet ein. "Wir werden unsere Demokratie mit allen Mittel des wehrhaften Rechtsstaates verteidigen", sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD). Die Grünen forderten mehr Anstrengungen im Bereich des Opferschutzes und der Prävention.

Das Internationale Auschwitz Komitee begrüßte die Entscheidung des Verfassungsschutzes. Dass dieser den "Flügel" unter Beobachtung stellt, mache deutlich, "dass die Demokratie diese aktuelle Bedrohung durch rechtsextreme Bedrohungen sehr ernst nimmt und ihr wehrhaft gegenübertritt", heißt es in einer Erklärung der Vereinigung von Holocaust-Überlebenden.