Streit um Präsidentschaft in Afghanistan

Streit um Präsidentschaft in Afghanistan

Dubai, Kabul (epd). Zwei getrennte Präsidentschaftsfeiern haben die politische Krise in Afghanistan verschärft. Trotz internationaler Vermittlungsversuche fanden am Montag in Kabul separate Zeremonien zur Amtseinführung für den gewählten Präsidenten Aschraf Ghani und dessen politischen Rivalen Abdullah Abdullah statt, wie der TV-Sender "Tolo News" berichtete. Beide Politiker beanspruchen das Präsidentenamt für sich. Nur gut eine Woche nach dem historischen Friedensdeal zwischen den aufständischen Taliban und den USA verstärken die Machtkämpfe das politische Chaos weiter. In dieser Woche sollten eigentlich die innerafghanischen Gespräche zwischen den Taliban und der Regierung starten, um den Konflikt am Hindukusch beizulegen.

Mitte Februar war Amtsinhaber Ghani von der Wahlkommission des Landes zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom September 2019 erklärt worden. Nach monatelangem erbittertem Streit um die Gültigkeit mehrerer Hunderttausend Stimmen waren nur noch 1,8 Millionen Wahlzettel bei der Auszählung berücksichtigt worden. Abdullah erkannte das Ergebnis nicht an. Nach der Präsidentschaftswahl 2014 hatten Ghani und Abdullah bereits monatelang um die Richtigkeit der Wahlergebnisse gestritten und am Ende auf internationalen Druck hin eine Regierung der nationalen Einheit gebildet, die Ghani das Präsidentenamt und Abdullah die neu geschaffene Rolle des Regierungsgouverneurs gab.

Noch am Sonntag hatte US-Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad erfolglos versucht, mit Ghani und Abdullah einen neuen Kompromiss auszuhandeln. Abdullah erklärte am Montag, niemand solle seine "Verpflichtung zur echten Demokratie" unterschätzen. Der 59-Jährige und seine Anhänger versammelten sich im Sapedar-Palast im Botschaftsviertel von Kabul. Ghanis Unterstützer kamen im Präsidentenpalast im Zentrum von Kabul zusammen, um seiner Amtseinführung beizuwohnen. Eine im Februar geplante Amtseinführungsfeier für den 70-jährigen Ghani war auf Drängen der USA verschoben worden, die vor der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit den Taliban eine politische Krise in Kabul vermeiden wollten. Das Abkommen von Ende Februar sieht unter anderem einen vollständigen Abzug der US-Truppen vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor. Die afghanische Regierung war nicht an den Friedensgesprächen beteiligt, die nur zwischen den Taliban und den USA geführt wurde.