Berlin (epd). Der Zugang zur Psychotherapie ist einfacher geworden, doch viele Patienten sind mit ihrer Behandlung nicht zufrieden. Das geht aus dem Barmer-Arztreport 2020 hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Der Report zieht eine erste Bilanz der 2017 überarbeiteten Richtlinie für Psychotherapien. Hauptziel war, dass Patienten schneller einen Therapieplatz finden.
Bewährt hat sich dem Bericht zufolge die Einführung der psychotherapeutische Sprechstunde für den Erstkontakt mit einem Therapeuten, die bis zu sechs Termine von 25 Minuten ermöglicht. Sie wurde allein im ersten Jahr nach der Reform neun Millionen Mal abgerechnet. In den Jahren 2017 und 2018 wandten sich rund 175.000 Patienten mehr an einen Psychotherapeuten als anhand der Entwicklung in den Vorjahren zu erwarten gewesen wäre. Die Wartezeiten auf einen Therapieplatz haben sich dem Report zufolge verkürzt und liegen nun zwischen einem und drei Monaten.
Insgesamt suchen jedes Jahr mehr Menschen psychotherapeutische Hilfe: 2009 waren es 2,8 Prozent der Bevölkerung, 2018 bereits 3,9 Prozent oder rund 3,2 Millionen. Jeder dritte Patient war mit seiner Therapie jedoch nur teilweise zufrieden, wie eine repräsentative Umfrage für den Arztreport aus dem Herbst 2019 ergab. Zugleich waren 70 Prozent mit ihrem jeweiligen Therapeuten sehr zufrieden. Dies könne an überzogenen Erwartungen liegen, etwa dass Patienten sich von der Therapie eine schnelle Lösung ihrer Probleme erhoffen, sie tatsächlich aber nur zu Verhaltensänderungen angeregt werden, hießt es.
Die Zahl der Therapeuten hat sich in den vergangenen zehn Jahren mit einem Zuwachs von 44 Prozent fast verdoppelt. Die Verteilung ist aber regional sehr unterschiedlich. Während bei einem Fünftel der Bevölkerung in dünn besiedelten Gebieten 21 Therapeuten auf 100.000 Einwohner kommen, sind es bei dem Fünftel am anderen Ende der Skala in den Ballungsräumen 69 Therapeuten pro 100.000 Einwohner. Der Osten holt auf, ist aber weiter schlechter versorgt als der Westen und Südwesten Deutschlands.
Der Barmer-Arztreport beruht auf der Auswertung von Versichertendaten zu knapp elf Prozent der Bevölkerung. Die Ergebnisse werden auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.