Seehofer: Stabilität an griechisch-türkischer Grenze geht vor

Seehofer: Stabilität an griechisch-türkischer Grenze geht vor
Diskussion um Aufnahme von Flüchtlingskindern
Menschenmengen vor Stacheldraht und martialischen Grenzschützern: Solche Bilder von der griechisch-türkischen Grenze waren der Hintergrund des Sondertreffens der EU-Innenminister in Brüssel.
04.03.2020
epd
Von Phillipp Saure (epd)

Brüssel (epd). In Europa wird um den Umgang mit den Migranten und Flüchtlingen in Griechenland und der Türkei gerungen. Während es bei einem Sondertreffen der EU-Innenministerrat am Mittwoch in Brüssel viel Zuspruch für die griechische Abschottungspolitik gab, wurden zugleich Rufe nach der Umverteilung schutzbedürftiger Kinder und Jugendlicher aus griechischen Lagern lauter. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will zunächst Ordnung schaffen und dann Menschlichkeit üben.

Mit Blick auf die Lage an der griechisch-türkischen Grenze sagte Seehofer vor dem Treffen, man solle sich auf eine Stabilisierung konzentrieren. Wenn das gelungen sei, solle man "zeitnah" die Umverteilung minderjähriger Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Ländern angehen. Wichtig dafür sei "eine europäische Lösung", auch wenn nicht alle EU-Staaten mitmachen müssten.

Das Vorgehen Griechenlands an der Grenze billigte Seehofer. Das Land erledige die Aufgabe des Schutzes der Außengrenzen "aus meiner Sicht sehr gut". Auf die Frage nach einer Aussetzung des Asylrechts in Griechenland für einen Monat erklärte der Minister, dies sei "auch in Ordnung - bei der besonderen Situation". Zustimmung äußerte auch der österreichische Innenminister Karl Nehammer.

Verschiedene Experten erklärten hingegen, dass Griechenland EU- und Völkerrecht verletze. Der Jura-Professor Jürgen Bast von der Universität Gießen sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ein Asylverfahren an der Grenze gänzlich auszuschließen ist offensichtlich europarechtswidrig."

Die Türkei hatte am Samstag ihre Grenzen zur EU geöffnet. Laut griechischen Behörden wurden daraufhin Tausende Flüchtlinge am Grenzübertritt gehindert.

Die Lage an der Grenze ist verknüpft mit den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland selbst, insbesondere auf den Inseln. Griechenland will nicht noch mehr Menschen aufnehmen. Zugleich ist klar, dass es vor allem Kindern in den Lagern schlechtgeht.

Vor diesem Hintergrund verlangte der luxemburgische Migrationsminister Jean Asselborn ein schnelles Handeln. Wenn jedes Land pro halbe Million Einwohner zehn unbegleitete Minderjährige aus diesem "Loch" herausholen würde, würde dies viel Leid lösen, sagte er mit Blick auf das Lager Moria auf Lesbos. Luxemburg wolle dies tun.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef begrüßte mit Blick auf frühere Äußerungen von Seehofer die Signale, Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern möglicherweise nach Deutschland zu holen. Man betrachte mit großer Sorge die menschenunwürdige Situation in vielen Flüchtlingslagern in Griechenland, erklärte Unicef in Köln. Ähnlich äußerte sich die Caritas. "Die Sicherheit und die Gesundheit der geflüchteten Kinder sind auf den griechischen Inseln absolut nicht gewährleistet", erklärte das katholische Hilfswerk in Freiburg.