Hanau: Verdacht auf rechten Terror

Hanau: Verdacht auf rechten Terror
Bundespräsident drückt seine Anteilnahme aus
Ein 43-jähriger Hanauer steht im Verdacht, am Mittwochabend neun Menschen in seiner Heimatstadt erschossen zu haben. Die Polizei fand ihn und seine Mutter nach den Taten tot in seiner Wohnung. Die Ermittler gehen von einem rassistischen Motiv aus.

Hanau, Berlin (epd). Die tödlichen Schüsse in Hanau haben bundesweit Entsetzen ausgelöst und waren offenbar rassistisch motiviert. Wie ein Sprecher des Generalbundesanwalts am Donnerstag mitteilte, geht die Ermittlungsbehörde von einem "fremdenfeindlichen Motiv" aus. Der Generalbundesanwalt hat in dem Fall die Ermittlungen übernommen. Nach Angaben der Polizei steht ein 43-jähriger Mann in dem Verdacht, am Mittwochabend in Hanau in zwei Shisha-Bars neun Menschen erschossen zu haben.

Die Polizei fand den mutmaßlichen Täter und dessen Mutter danach tot in deren Wohnung unweit des zweiten Tatorts, wie Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) mitteilte. Beuth sprach vom "Verdacht einer terroristischen Gewalttat".

Der mutmaßliche Täter war den Behörden zuvor nicht als Extremist bekannt, sagte der hessische Innenminister. Er soll Sportschütze gewesen sein und legal Waffen besessen haben. Beuth verwies auf eine Internetseite des mutmaßlichen Täters, deren Inhalte Rückschlüsse auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Taten erkennen ließen. Der hessische Landtag hatte zuvor seine geplante Plenarsitzung abgesagt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach nach der Gewalttat den Opfern und Angehörigen seine Anteilnahme aus. "Ich stehe an der Seite aller Menschen, die durch rassistischen Hass bedroht werden", sagte er. Steinmeier wurde nach Angaben des Hanauer Bürgermeisters Claus Kaminsky (SPD) am Nachmittag in Hanau erwartet. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) wollten nach Hanau kommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von "entsetzlichen Morden". Rassismus und Hass seien Gifte, die in der Gesellschaft existierten und ursächlich für viel zu viele Verbrechen seien.

Außenminister Heiko Maas (SPD) warnte vor einem erstarkenden Rechtsterrorismus. "Wenn sich der Verdacht erhärtet, ist die grauenhafte Tat in Hanau der dritte rechtsextreme Mordanschlag in Deutschland in einem Jahr. Rechtsterrorismus ist wieder zu einer Gefahr für unser Land geworden. Da gibt es rein gar nichts zu relativieren", sagte Maas dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zeigte sich fassungslos angesichts des Gewaltverbrechens. "Wer Rassismus und Ausländerfeindlichkeit sät, muss auch damit rechnen, dass daraus brutale Gewalt erwächst", schrieb Bedford-Strohm bei Facebook.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, warf den Behörden vor, die Gefahr durch den wachsenden Rechtsextremismus zu lange verharmlost und vernachlässigt zu haben. "Polizei und Justiz scheinen zudem häufig auf dem rechten Auge eine Sehschwäche zu haben", sagte er am Donnerstag in Berlin. Das räche sich jetzt.

Der Koordinationsrat der Muslime erklärte, die Orte des Angriffs wie auch das bekanntgewordene Bekennerschreiben zeigten, dass Migranten, insbesondere Muslime das Ziel gewesen seien. Es sei jetzt die Zeit, zusammenzurücken und zusammenzustehen, betonte Koordinationsratssprecher Zekeriya Altug.

Die evangelische Bischöfin von Kurhessen-Waldeck Beate Hofmann sagte, die vergangene Nacht habe das Leben in Hanau verändert. Die Evangelische Kirche werde sich weiter für ein friedliches Zusammenleben in der Stadt einsetzen. Viele Kirchen der Stadt stünden zur Einkehr, zum Gebet und zum Gespräch offen. Die Stadt Hanau will am Donnerstagabend um 18 Uhr eine Mahnwache auf dem Marktplatz abhalten.

epd hei/co/lmw svo