Theologen klagen gegen Polizeigewahrsam wegen Protestaktionen

Theologen klagen gegen Polizeigewahrsam wegen Protestaktionen
Grüne verlangen Auskunft von NRW-Innenminister
Der Polizeigewahrsam von Mitarbeitern des Instituts für Theologie und Politik im Zuge von Protesten gegen das Kraftwerk Datteln 4 hat ein Nachspiel. Die Mitarbeiter wollen klagen. Die Grünen verlangen Auskunft vom NRW-Innenminister.

Münster, Datteln (epd). Mitarbeiter des Instituts für Theologie und Politik in Münster wollen wegen einer Nacht im polizeilichen Gewahrsam Klage einreichen. Die Klage richtet sich gegen eine präventive Polizeimaßnahme im Zusammenhang einer Protestaktion Anfang Februar gegen das Kohlekraftwerk Datteln 4, wie die Institutsmitarbeiter Julia Lis und Benedikt Kern am Dienstag in Münster mitteilten. Auch ein weiterer ehrenamtlicher Unterstützer will den Gerichtsweg beschreiten. Die Polizei hatte den Polizeigewahrsam als präventive Maßnahme begründet. Kritik an der Polizei kam auch von den Grünen.

Die katholischen Theologen Kern und Lis erklärten, sie seien als wissenschaftliche Beobachter eines Instituts eingeladen worden, das an der Schnittstelle zwischen Kirche und soziale Bewegungen angesiedelt sei. Unerklärlich sei, wie es zu der Behauptung der Polizei gekommen sei, dass sie im Verdacht gestanden hätten, unmittelbar bevorstehende Straftaten auszuüben. Die Beschlagnahmung ihres Autos durch die Polizei am Abend vor Protesten gegen die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks sowie ihre Gewahrsamnahme in einer Polizeistelle sei ohne konkreten Tatvorwurf erfolgt. Von den Aktivitäten, die für den nächsten Tag geplant waren, hätten sie nichts gewusst.

Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, der die drei Betroffenen vertritt, erklärte, es habe nichts gegen die Mitarbeiter vorgelegen, was diese Maßnahme gerechtfertigt hätte. "Freiheitsentziehung ist eine der schärfsten Maßnahmen, die es überhaupt gibt", kritisierte der Anwalt. Von den Klägern sei keinerlei Gefahr ausgegangen. Wenn die Polizei den Institutsmitarbeitern Straftaten zugetraut hätte, hätte auch ein Platzverweis ausgereicht.

Die Rechtswidrigkeit des Polizeigewahrsams soll jetzt vom Amtsgericht Recklinghausen festgestellt werden, ein entsprechender Antrag sei gestellt, erklärte der Anwalt. Zudem werde gegen die Ausführung der Maßnahme vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geklagt.

Die Grünen kritisierten das Vorgehen der Polizei scharf: "Die Ingewahrsamnahme von Angehörigen des Instituts für Theologie und Politik wirft erhebliche Fragen auf", erklärte die innenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion in NRW, Verena Schäffer. Daher habe die Fraktion eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt: "Der Innenminister muss beantworten, welche Gefahren von den betroffenen Personen ausgegangen sein sollen, die freiheitsentziehende Maßnahme rechtfertigen."

Die Polizei verteidigte hingegen die Maßnahmen. Es habe sich um eine "Ingewahrsamnahme" nach dem Polizeigesetz und den dort festgelegten Voraussetzungen gehandelt, erklärte ein Sprecher der Polizei Recklinghausen. Eine Richterin, der der Sachverhalt vorgetragen wurde, habe die getroffene Maßnahme bestätigt und die Fortdauer der Maßnahme angeordnet. Wenn die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen von Betroffenen infrage gestellt werden sollte, überprüfe die Polizei diese nochmals.

Die Betroffenen hatten zuvor auf dem theologischen Portal "feinschwarz.net" berichtet, dass sie an den Demonstrationen rund um das Gelände von Datteln 4 teilnehmen wollten und sich am Vorabend einen Überblick vor Ort verschaffen wollten. Polizeibeamte hätten den Schilderungen zufolge bei der Kofferraumkontrolle Schlafsäcke, Kleidung und Proviant gefunden und ein Handy konfisziert. Die Beamten brachten demnach Mitarbeiter des Münsteraner Instituts ins Polizeipräsidium Recklinghausen.

Am 2. Februar hatte vor dem Kraftwerksgelände eine genehmigte Mahnwache stattgefunden. Zudem hatten sich rund 120 Menschen aus dem Umfeld des Klimaaktionsnetzwerks "Ende Gelände" gewaltsam Zugang zum Betriebsgelände des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 verschafft und Anlagenbereiche besetzt.