Wehrbeauftragter: Truppe ist bei Rechtsextremismus sensibilisiert

Wehrbeauftragter: Truppe ist bei Rechtsextremismus sensibilisiert
Der Wehrbeauftragte beklagt auch in seinem fünften Jahresbericht wieder zahlreiche Baustellen bei der Bundeswehr. Es fehle an Personal und Material. Auch im Kampf gegen Rechtsextremismus und bei der Militärseelsorge gebe es Handlungsbedarf.

Berlin (epd). Die Bundeswehr ist nach Worten des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), in Sachen Material und Personal den aktuellen Anforderungen nicht gewachsen. Die Truppe müsse seit Jahren "schon genau die Aufgaben erfüllen, für die sie erst im Jahr 2031 vollständig aufgestellt und ausgerüstet sein soll", sagte er am Dienstag bei der Vorstellung seines Jahresberichts 2019 in Berlin mit Blick auf gut ein Dutzend Auslandseinsätze. Bei rechtsextremistischen Vorfällen wünscht sich Bartels zugleich mehr Transparenz. Auch bei der Militärseelsorge gebe es nach wie vor viel zu tun.

Bartels stellte den 61. Bericht seit Bestehen des Amtes des Wehrbeauftragten vor. Darin geht er auch auf die "Verletzung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung" durch Soldaten ein. Demnach bearbeitete der Militärische Abschirmdienst (MAD) im Bereich Rechtsextremismus im vergangenen Jahr 363 neue Verdachtsfälle, deutlich mehr als 2018, als es 270 waren. Der Wehrbeauftragte begründet das damit, dass die Bundeswehr "sensibel für das Thema" sei. "Extremisten können sich nicht darauf verlassen, dass Kameraden weghören oder wegschauen."

Die Zahl der einschlägigen "meldepflichtigen Ereignisse" habe bei 197 gelegen. 45 Soldaten seien vorzeitig entlassen worden. Bei den meldepflichtigen Ereignissen habe es sich um sogenannte Propagandafälle gehandelt. Dazu zählten unter anderem das Einbringen von extremistischer Musik, das Zeigen des verbotenen "Hitler-Grußes" oder ausländerfeindliche und antisemitische Äußerungen.

Bartels sprach sich dafür aus, dass der MAD die Öffentlichkeit jährlich selbst über die Erkenntnisse zum Phänomenbereich Rechtsextremismus unterrichten soll. "Meine Zahlen jedenfalls sind keine eigenen Erkenntnisse", stellte der Wehrbeauftragte klar. Er beziehe sich lediglich auf Abfragen beim Ministerium. Bartels wies zugleich darauf hin, dass die Bundesbehörde bereits angekündigt habe, künftig MAD-Tätigkeitsberichte zu veröffentlichen.

Die Bundeswehr hat Rechtsextremismus in den eigenen Reihen seit der Enttarnung des mutmaßlichen Rechtsterroristen Franco A. stärker im Blick. Der Soldat Franco A. war 2017 in Untersuchungshaft genommen worden. Er soll ein Attentat auf einen hochrangigen Politiker und Personen des öffentlichen Lebens geplant haben. Dies habe er dann Asylbewerbern in die Schuhe schieben wollen. A. erwartet ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Bei der Militärseelsorge ruft Bartels die Bundeswehr auf, mit der Bestellung eines ersten Rabbiners und eines ersten Imams nicht allzu lange zu warten - "nicht nur um schnell einen konkreten Bedarf zu decken, sondern um ein Zeichen zu setzen". Während nach Gründung der Bundeswehr in den 50er Jahren 98 Prozent der Soldaten evangelisch oder katholisch gewesen seien, sehe das heute ganz anders aus: Nach Schätzungen gebe es etwa 300 jüdische und rund 3.000 muslimische Soldatinnen und Soldaten.

In Bezug auf sexuelle Belästigungen und Übergriffe sei die Zahl der Meldungen von 288 im Jahr 2018 auf 345 im vergangenen Jahr gestiegen. An den Regeln des Umgangs zwischen den Geschlechtern müsse weiter gearbeitet werden, resümierte er. Der steigende Frauenanteil in der Bundeswehr werde das Problem nicht von alleine lösen.

Nicht alle Angehörigen der Streitkräfte seien für Vielfalt in den eigenen Reihen gewonnen worden, heißt es in dem Bericht zudem. So habe beispielsweise ein Offizier in einer Eingabe "eine gefühlte Omnipräsenz von transgeschlechtlichen Menschen in der Bundeswehr" beanstandet.

Insgesamt sank laut Bartels die Zahl der bearbeiteten Vorgänge leicht: Waren es demnach 2018 noch 3.939, waren es im Berichtsjahr 3.835. Dieser Trend zeige möglicherweise, dass in der jetzt wieder wachsenden Bundeswehr Unsicherheiten, die sich aus Umstrukturierungen und Standortschließungen ergeben hätten, Geschichte seien.