UN-Gericht: Myanmar muss Rohingya vor Völkermord schützen 
 
 

UN-Gericht: Myanmar muss Rohingya vor Völkermord schützen     
Erfolg für die Menschenrechte: Das höchste Gericht der Vereinten Nationen verpflichtet Myanmar, die Gewalt gegen die muslimische Minderheit der Rohingya zu stoppen.

Frankfurt a.M., Den Haag (epd). Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat angeordnet, dass Myanmar die muslimische Minderheit der Rohingya vor einem Völkermord schützen muss. Das südostasiatische Land müsse alles in seiner Macht Stehende tun, um die Gräueltaten gegen die Rohingya zu beenden und weitere Verbrechen zu verhindern, erklärten die Richter am Donnerstag. Per einstweiliger Verfügung wurden Myanmar "vorläufige Maßnahmen" auferlegt. Menschenrechtsorganisationen begrüßten den Richterspruch als Meilenstein für den Schutz der Rohingya.

Das westafrikanische Gambia hatte im November im Namen der "Organisation für Islamische Zusammenarbeit" eine Völkermord-Klage gegen Myanmar eingereicht. Die Regierung von Myanmar hatte den Vorwurf vor Gericht zurückgewiesen. Die Anordnungen des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen sind für alle UN-Mitglieder bindend. Ob die Verfolgung der Rohingya als Völkermord zu werten ist, hat das Gericht noch nicht entschieden. Bis zur Hauptverhandlung kann es Monate oder Jahre dauern.

Nach dem einstimmigen Richterspruch muss das Militär in Myanmar für alle Sicherheitskräfte sicherstellen, dass keine Gewalttaten verübt werden, die gegen die UN-Völkermordkonvention von 1948 verstoßen. Myanmar soll zudem gewährleisten, dass keine Beweise vernichtet werden, die Völkermord-Verbrechen belegen könnten. Binnen vier Monaten soll Myanmar dem Gericht einen Bericht über die ergriffenen Maßnahmen vorlegen. Danach soll alle sechs Monate berichtet werden.

Mit dem Urteil wächst der internationale politische Druck auf Regierung und Militär in Myanmar. Wegen einer brutalen Militäroffensive Ende August 2017 waren mehr als 740.000 Rohingya ins benachbarte Bangladesch geflohen. Die Klage Gambias stützte sich wesentlich auf einen UN-Untersuchungsbericht von 2018. Darin beschuldigen die Ermittler Myanmars Armee des Völkermordes.

Die zivile Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gilt als mitverantwortlich. Bei den Anhörungen des Gerichts im Dezember hatte Suu Kyi an die Richter appelliert, die Klage abzuweisen. Zugleich hatte sie darauf verwiesen, dass Myanmar sein eigenes Justizsystem habe, um Verantwortliche strafrechtlich zu belangen.

Menschenrechtler werteten das Urteil als wichtiges Signal: Damit werde den Verantwortlichen in Myanmar gezeigt, dass die Welt die Gewalt nicht toleriere, erklärte Amnesty International. Ähnlich äußerte sich "Human Rights Watch": "Die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ist ein Meilenstein, um weitere Gräueltaten gegen eine der am stärksten verfolgten Volksgruppen der Welt zu stoppen", sagte die Vize-Direktorin für Internationale Justiz, Param-Preet Singh.

Die Organisation "Burma Campaign UK" sprach von "einem schweren Schlag für Aung San Suu Kyi und ihre Anti-Rohingya-Politik". Internationaler Druck sei jetzt nötig, um die Entscheidung des Gerichtshofes durchzusetzen, forderte die Geschäftsführerin der Organisation, Anna Roberts.

Regierungsmitgliedern und Militärs in Myanmar drohen indes weitere Verfahren wegen der Verfolgung der Rohingya. Denn auch der Internationale Strafgerichtshof (ebenfalls in Den Haag) nahm im November Ermittlungen wegen der Gewalt gegen die Rohingya auf. Er ist zuständig bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.

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