Menschenrechtler: Guerillas kontrollieren Leben im Osten Kolumbiens

Menschenrechtler: Guerillas kontrollieren Leben im Osten Kolumbiens

Frankfurt a.M., Bogotá (epd). In der Grenzregion von Kolumbien und Venezuela kontrollieren laut "Human Rights Watch" bewaffnete Gruppen mit brutaler Gewalt das Leben der Bevölkerung. Bis hin zu Mord, Zwangsarbeit, Rekrutierung von Kindern und Vergewaltigung reichten die Menschenrechtsverletzungen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht "The Guerillas Are the Police" (Die Guerillas sind die Polizei).

Damit versuchten Guerilleros von Nationaler Befreiungsarmee (ELN), den Patriotischen Kräfte der Nationalen Befreiung (FPLN) und einer Gruppe, die aus den demobilisierten Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) hervorgegangen sei, das soziale, politische und wirtschaftliche Leben zu dominieren. Die Menschenrechtsorganisation dokumentiert die Verbrechen aus der Provinz Arauca im Osten Kolumbiens und aus dem benachbarten venezolanischen Bundesstaat Apure.

In aller Regel blieben die Verantwortlichen für solche Menschenrechtsverletzungen straffrei, erklärte "Human Rights Watch" bei der Vorstellung des Berichts. "Die Einwohner von Arauca und Apure leben in Angst: Bewaffnete Gruppen rekrutieren Kinder und zwingen den Menschen Regeln auf, bedrohen die Bewohner und bestrafen diejenigen, die sich nicht an diese Regeln halten. Menschen werden sogar ermordet oder zu monatelanger Arbeit auf den Feldern gezwungen", sagte José Miguel Vivanco, Leiter der Abteilung Mittel- und Südamerika, bei der Menschenrechtsorganisation. Besonders in Venezuela machten die bewaffneten Gruppen bisweilen sogar gemeinsame Sache mit den Sicherheitskräften und den örtlichen Behörden.

"Human Rights Watch" recherchierte im vergangenen Jahr vor Ort, kontaktierte zudem die Behörden und stützte sich auf weitere Quellen und Dokumente. Die Recherchen hätten ergeben, dass die bewaffneten Gruppen in beiden Ländern eine Vielzahl von Regeln aufstellten und brutal durchsetzten, heißt es in dem Bericht. Dazu gehören beispielsweise Ausgangssperren oder Regelungen für alltägliche Aktivitäten wie die Fischerei, die Abzahlung von Schulden und die Schließzeiten von Bars. Die Gruppen erpressten routinemäßig Geld von praktisch jedem, der Geschäfte macht.

"Hier tust du entweder, was sie sagen, oder du stirbst", wird eine Frau zitiert, die nach Drohungen aus ihrer Stadt geflohen sei. "Wer sich nicht an die Regeln hält, der wird mit dem Tod bestraft."

Die kolumbianischen Behörden hätten versucht, den bewaffneten Gruppen die Macht zu entreißen, erklärte "Human Rights Watch". Schwere Menschenrechtsverletzungen blieben jedoch nach wie vor in aller Regel straffrei und der Schutz der Einwohner sei begrenzt. In Venezuela fühlten sich die bewaffneten Gruppen offenbar noch freier. Teils werde von Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften berichtet. Hier sei erhöhter internationaler Druck auf die venezolanische Regierung vonnöten, fordern die Menschenrechtler.