Urteil im Berufungsverfahren gegen "Lifeline"-Kapitän erwartet

Urteil im Berufungsverfahren gegen "Lifeline"-Kapitän erwartet

Dresden, Valletta (epd). Rund anderthalb Jahre nach einer Rettungsaktion im Mittelmeer soll am Dienstag ein Urteil gegen den in Malta angeklagten "Lifeline"-Kapitän Claus-Peter Reisch fallen. Ihm wird eine falsche Registrierung des Seenotrettungsschiffes vorgeworfen. In erster Instanz war Reisch deswegen im Mai 2019 zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt worden, er ging aber in Berufung. Die Entscheidung dazu wurde für den 7. Januar angekündigt.

Reisch hatte im Juni 2018 mit seiner Crew 234 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet und musste tagelang auf die Erlaubnis für einen Hafen warten. Beim Anlegen in Valletta wurde der Kapitän zunächst kurzzeitig festgenommen, er wurde angeklagt und vor Gericht gestellt. Die "Lifeline" wurde beschlagnahmt und liegt immer noch fest.

Ein Freispruch könnte bedeuten, dass der Verein Mission Lifeline mit Sitz in Dresden sein Rettungsschiff zurückbekommt. Kurz vor dem erwarteten Urteil äußerte sich Mission Lifeline jedoch pessimistisch: Angesichts einer "desolaten rechtsstaatlichen Situation" in Malta sei ein Schuldspruch zu befürchten, obwohl es eindeutige Beweise für die Unschuld Reischs gebe. "Ich glaube an kein faktenbasiertes und demnach auch an kein positives Urteil für uns", erklärte Sprecher Axel Steier. Zumindest hoffe er auf einen neuen Ausgangspunkt: "Das ewige rechtliche Hickhack und die andauernden Vertagungen kosten Nerven aber vor allem täglich Menschenleben.“

Mission Lifeline hat inzwischen ein weiteres Schiff angeschafft. Die "Rise Above" werde bereits umgebaut und auf ihre erste Mission vorbereitet, erklärte Steier. Neben der "Lifeline" ist auch das zweite Schiff des Vereins, die "Eleonore", beschlagnahmt. Sie liegt seit Sommer in Italien fest. Die Crew der "Eleonore" - wiederum unter Kapitän Reisch - hatte zuvor rund 100 Menschen aus dem Meer gerettet und war nach einem Unwetter und tagelangem Tauziehen ohne Erlaubnis in italienische Gewässer eingefahren und hatte schließlich im Hafen von Pozzallo in Sizilien angelegt.

"Zwei festgesetzte Schiffe belasten den Verein sehr", betonte Steier: "Wir wollen aber nicht mehr zusehen, wie mit fadenscheinigen Mitteln das Retten von Menschen verhindert wird." Deshalb sei das dritte Schiff angeschafft worden. Allerdings seien etwa zwei Drittel der Umbaukosten noch nicht gedeckt.