Rekowski: Soziale Spaltung und gesellschaftliche Gräben überwinden

Rekowski: Soziale Spaltung und gesellschaftliche Gräben überwinden
05.01.2020
epd
epd-Gespräch: Ingo Lehnick

Düsseldorf (epd). Soziale und gesellschaftliche Spaltungen in Deutschland gefährden nach Einschätzung des rheinischen Präses Manfred Rekowski das Gemeinwesen. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer stellen wir fest, dass der Umgang mit den Erfahrungen der Menschen im Osten Deutschlands zu gesellschaftlichen Gräben beigetragen hat", sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Entwertung von Lebensbiografien habe Menschen tief verletzt.

In Westdeutschland gebe es vor allem eine soziale Spaltung, die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich weiter, sagte Rekowski. Das Ruhrgebiet sei nach dem jüngsten Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes die "Problemregion Nummer 1" in Deutschland. "Menschen, die abgehängt sind, haben es sehr schwer", warnte der 61-Jährige. "Und wer von der Politik keine Veränderung mehr erwartet, neigt zu einfachen Erklärungsmustern."

Besorgt äußerte sich Rekowski auch über ein soziales Gefälle zwischen den Städten und Gemeinden und mahnte: "Wo Bürger in strukturschwachen Städten den Staat als handlungsunfähig erleben, weil Schwimmbänder geschlossen werden und Schulen und Straßen nicht in Schuss gehalten werden können, droht ihre Loyalität zum Staat zu schwinden." Das sei "Gift für das Gemeinwesen" und gefährde das demokratische Miteinander.

"Es ist dringend notwendig, dass die Politik hier zu Lösungen kommt", forderte der Spitzenvertreter der zweitgrößten Landeskirche in Deutschland mit 2,5 Millionen Mitgliedern. "Unter anderem muss man über den Umgang mit Altschulden reden." Der Bund und die betroffenen Länder diskutieren einen möglichen Schuldenschnitt. Die Altschulden der Kommunen bei sogenannten Kassenkrediten liegen nach Angaben von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei etwa 40 Milliarden Euro.