Appelle zur Solidarität

Appelle zur Solidarität
Bischöfe rufen an Weihnachten zu friedlichem Miteinander auf - Papst Franziskus warnt vor Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen
Der Bundespräsident mahnt zu Weihnachten: "Derzeit braucht die Demokratie vor allem uns." Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm und Kardinal Marx warnen vor zunehmendem Egoismus. Papst Franziskus beklagt Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen.

Frankfurt a.M., München, Rom (epd). Politik und Kirchen haben an Weihnachten zu mehr Engagement für das Gemeinwohl aufgerufen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, die Deutschen lebten seit 30 Jahren in Einheit, Freiheit und Demokratie. Das dürfe aber nicht als selbstverständlich genommen werden. "Wir brauchen die Demokratie", sagte der Bundespräsident und ergänzte: "Aber ich glaube: Derzeit braucht die Demokratie vor allem uns."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warnte vor Selbstbezogenheit und Egoismus. Für Kardinal Reinhard Marx ruft Weihnachten alle Menschen zu tätiger Solidarität auf. Papst Franziskus verlangte mehr weltweite humanitäre Hilfen für Flüchtlinge.

Steinmeier sagte, in diesem Jahr sei mehr miteinander gesprochen und gestritten worden. Er verwies auf die Ergebnisse der Landtagswahlen im Osten Deutschlands, die Debatten um die innere Einheit zum 30. Jahrestag der friedlichen Revolution und die Diskussion um Klimaschutz. Die Frage sei nun, wie aus Reibung Respekt, aus Dauerempörung ordentliche Streitkultur und aus Gegensätzen Zusammenhalt werde. Die Antwort müssten in einer Demokratie die Bürger geben. "Sie alle haben ein Stück Deutschland in Ihrer Hand", sagte das Staatsoberhaupt.

Papst Franziskus spendete am Mittwoch auf dem Petersplatz in Rom den traditionellen Segen "Urbi et orbi" (der Stadt und dem Erdkreis). In seiner Weihnachtsbotschaft beklagte er vor Zehntausenden Pilgern Kriege und Konflikte weltweit als Fluchtursachen. Ungerechtigkeit zwinge die Menschen dazu, Wüsten und Meere zu überqueren, "die zu Friedhöfen werden". Der Papst prangerte eine Abschottungspolitik zahlreicher Länder etwa in Europa an. Menschen, die zur Flucht gezwungen seien, stießen dort auf "Mauern der Gleichgültigkeit", wo sie Hoffnung auf ein würdiges Leben haben könnten.

Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Bedford-Strohm warnte vor einer "Kultur der Anprangerung, Empörung und Abwertung in den sozialen Medien". Ein Leben in Achtung und Respekt sei das viel bessere Leben. Er rief in München zudem zu einem neuen Lebensstil im Einklang mit der Natur auf. Weihnachten bringe den Menschen nicht nur neue Hoffnung, sondern auch moralische Leitplanken für ihr Zusammenleben, sagte der Bischof am Mittwoch in der Münchner Matthäuskirche. Diese Leitplanken seien jedoch keine "moralistischen Mahnungen", sondern eindringliche Rufe zu Solidarität und Handeln.

Weihnachten ist nach Überzeugung von Kardinal Reinhard Marx ein Symbol der Hoffnung. Denn das Kind in der Krippe sei der Bruder aller Menschen, mit ihm nehme Gott jeden Menschen in den Blick und in die Arme, betonte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in seiner an Heiligabend in München veröffentlichten Weihnachtsbotschaft. Wer diese Botschaft ernst nehme, dürfe "nicht mehr nur das eigene Ich, die eigene Nation sehen und die eigene Interessen im Blick haben", erklärte der Münchner Erzbischof.

Leitende Theologen würdigten den Einsatz der "Fridays for Future"-Bewegung. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte in der Christvesper in der Marktkirche in Hannover: "Niemals zuvor hat diese Welt eine Bewegung junger Erwachsener erlebt wie im vergangenen Jahr." In der Frage "wie wollen wir eigentlich morgen leben?" stecke auch die Frage nach Gott, sagte der evangelische Bischof.

Für den hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung ist das Weihnachtsfest die "Gegenbotschaft gegen jede Form von Hass und Gewalt". Er erlebe im Moment beides: Dass Menschen liebevoll miteinander umgehen, aber auch, dass "der Umgangston härter und aggressiver geworden ist" und es furchtbare Gewalttaten gebe, schreibt Jung in seiner Botschaft zum Christfest auf der Internetseite der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (www.ekhn.de). Hass und Gewalt dürften aber "nicht der Grundton unserer Gesellschaft sein", betont der Kirchenpräsident.

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