Ehemalige Beschäftigte zeigen Chefin von Senioren-WG an

Ehemalige Beschäftigte zeigen Chefin von Senioren-WG an

Hannover (epd). Wegen mutmaßlicher Missstände in der Pflege haben vier ehemalige Mitarbeiterinnen einer privaten Senioren-Wohngemeinschaft bei Hannover Strafanzeige gegen ihre frühere Chefin erstattet. Die Staatanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren gegen die Betreiberin der Einrichtung in dem Dorf Lutter eingeleitet, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge am Montag in Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zuerst hatte der NDR Niedersachsen über den Fall berichtet.

Die Frauen erheben laut NDR schwere Vorwürfe: Die Betreiberin soll Bewohner mit kalten Duschen bestraft und sie durch einen rüden Umgangston eingeschüchtert haben. Sie habe demente Bewohner nachts ohne die Möglichkeit eines Notrufs eingeschlossen und wiederholt zugelassen, dass Hunde ihr Geschäft in der WG verrichteten. Dazu legten die Frauen dem Sender eidesstattliche Versicherungen vor.

Die Betreiberin der Pflegeeinrichtung wies alle Vorwürfe auf epd-Anfrage kategorisch zurück. Eine der vier früheren Helferinnen habe zuletzt vor anderthalb Jahren in der Einrichtung gearbeitet, sagte sie. Später habe die Familie der Helferin ihre pflegebedürftigen Großeltern in die Senioren-WG gegeben. "Wenn es hier wirklich so schlimm wäre, hätten sie das ja nicht tun müssen." Laut NDR erhält die Leiterin Rückendeckung von anderen Angehörigen, die ihre Eltern in der WG gut aufgehoben wissen.

Das Sozialministerium in Hannover erklärte am Montag, wenn die Vorwürfe zuträfen, handele es sich um "unhaltbare Zustände". Das Ministerium habe die Heimaufsicht und die Region Hannover um einen Bericht gebeten, sagte Sprecher Oliver Grimm dem epd. Es stelle sich die Frage, ob es sich bei der Einrichtung in Lutter tatsächlich um eine Pflege-WG im Sinne des Gesetzgebers handele oder um ein kleines Pflegeheim.

Eine Pflege-WG setze Mietverträge und die freie Wahl eines Pflegedienstes voraus. Um solche Modelle zu fördern, stelle das Land jährlich eine Million Euro zur Verfügung. Zwischen 2016 und 2018 seien 180 ambulant betreute Pflege-WG's und Formen des betreuten Wohnens neu entstanden.