Proteste in Indien gegen Staatsbürgerschaftsreform weiten sich aus

Proteste in Indien gegen Staatsbürgerschaftsreform weiten sich aus

Dubai, Neu-Delhi (epd). Die umstrittene Staatsbürgerschaftsreform löst in Indien weiter massive Proteste aus. Am Freitag kam es in der Hauptstadt Neu-Delhi zu stundenlangen gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Polizisten, wie die Tageszeitung "Indian Express" berichtete. Die Beamten setzten Schlagstöcke und Tränengas ein.

Auch in anderen Städten gab es Demonstrationen. Im Nordosten Indiens galten weiterhin Ausgangssperren. In der Stadt Guwahati im Bundesstaat Assam traten Lehrer, Schüler und Studenten in einen Hungerstreik gegen das neue Gesetz, das nicht-muslimischen Einwanderern aus Nachbarnländern die indische Staatsbürgerschaft ermöglichen soll.

Am Donnerstag waren in Guwahati zwei Demonstranten, die trotz Ausgangssperre protestierten, von der Polizei erschossen und elf verwundet worden. Die Regierung hatte auch die Armee gegen Demonstranten eingesetzt. Die Vereinten Nationen erklärten, sie würden die Folgen des Gesetz intensiv analysieren.

Das am Mittwoch beschlossene neue Gesetz sieht vor, dass Einwanderer aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch künftig die indische Staatsbürgerschaft erwerben können, wenn sie keine Muslime sind und mindestens sechs Jahre lang in Indien gearbeitet haben. Bewohner der nordöstlichen Bundesstaaten Assam und Tripuram, die an Bangladesch grenzen, befürchten nun eine massive Einwanderungswelle von Nicht-Muslimen.

Indiens Nachbarländer Pakistan, Bangladesch und Afghanistan sind mehrheitlich muslimisch, haben aber kleine Minderheiten von Hindus, Jains, Christen, Sikhs, Buddhisten und Parsen. Bisher galt in Indien das 64 Jahre alte Staatsbürgerschaftsgesetz, das allen illegal eingewanderten Migranten einen indischen Pass verweigerte.

Die hindu-nationalistische Regierung unter Ministerpräsident Narendra Modi begründete die Reform damit, dass so Menschen vor religiöser Verfolgung geschützt würden. Das Gesetz stieß jedoch im In- und Ausland auf heftige Kritik: Mehr als 700 Persönlichkeiten, darunter Anwälte, Professoren und Schauspieler, verurteilten das Gesetz: "Es ist das erste Mal, dass es einen gesetzlichen Versuch gibt, nicht nur Menschen bestimmter Glaubensrichtungen zu privilegieren, sondern gleichzeitig auch eine andere, muslimische Religion, mit einem zweitklassigen Status abzuwerten", kritisierten sie in einer Erklärung.

Die Mehrheit der 1,3 Milliarden Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 170 Millionen Menschen. Sie stellen um die 14 Prozent der Bevölkerung. Unter Modi, der seit 2014 regiert, hat sich das einst religiös tolerante Indien gewandelt. Es kommt vermehrt zu Übergriffen auf Christen und andere Minderheiten.