Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bad Nauheimer Herzklinik

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bad Nauheimer Herzklinik

Gießen, Bad Nauheim (epd). Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelt gegen die Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim nach einer Strafanzeige der Bundesärztekammer. Das Krankenhaus soll den Dringlichkeitsstatus von Herztransplantationen und damit die Warteliste für Organspenden manipuliert haben. Die Prüfungs- und Überwachungskommission der Transplantationsmedizin habe routinemäßig Herztransplantationen zwischen 2013 und 2015 untersucht, sagte der Gießener Staatsanwalt Rouven Spieler am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Daraufhin habe die Bundesärztekammer im vergangenen April Strafanzeige wegen des Verdachts auf Medikamentenvergabe mit manipulativer Absicht in zwölf Fällen gestellt.

Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen des Anfangverdachts auf Verstoß gegen das Transplantationsgesetz und auf vorsätzliche Körperverletzung durch eine "medizinisch nicht indizierte Medikamentenvergabe", erläuterte Spieler. Die Behörde habe Krankenakten beschlagnahmt und Stellungnahmen der Kerckhoff-Klinik eingeholt. Am Freitag sei ein weiteres, 400 Seiten starkes Gutachten der Klinik eingegangen. Dies werde ausgewertet und danach möglicherweise weitere Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Kerckhoff-Klinik wies die Vorwürfe zurück. "Die Patienten wurden jederzeit auf höchstem medizinischen Niveau behandelt und es wurde kein Patient gefährdet", sagte der Ärztliche Geschäftsführer Ardeschir Ghofrani. "Die Dokumentation der Behandlungen ließ allerdings missverständliche Interpretationen zu, die jedoch nicht der Realität entsprechen." Die Kerckhoff-Klinik ist nach eigenen Angaben das einzige Zentrum in Hessen für die Transplantation von Erwachsenenherzen.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht der Prüfungs- und Überwachungskommission der Transplantationsmedizin heißt es, von 27 überprüften Patienten zwischen 2013 und 2015 hätten sich "in sämtlichen Prüfungen systematische Manipulationen ergeben". Dabei seien die Dosierungen von Herzmedikamenten "ohne begründende medizinische Notwendigkeit kontinuierlich erhöht" worden, allein um zum Zeitpunkt der geplanten Dringlichkeitsmeldung (High Urgency, HU) für Eurotransplant den dafür erforderlichen Schwellenwert zu erreichen.

Diese Dosissteigerungen der Herzmedikamente hebelten die Funktion des Dringlichkeits-Grenzwerts aus, kritisiert die Kommission. "Sie lassen den Patienten kränker erscheinen, als er tatsächlich ist."